„In den ersten neun Monaten dieses Jahres wurden 305 Gewalttaten gegen Christen verübt“, heißt es in einem am 21. Oktober 2021 in Neu-Delhi veröffentlichten Untersuchungsbericht.
Der Bericht, der von den Bürgerrechtsgruppen „United Against Hate“, „Association for Protection of Civil Rights“ und „United Christian Forum“ erstellt wurde, besagt, dass Christen in 21 der 28 Bundesstaaten des Landes verfolgt werden.
„Das weist darauf hin, dass sich die organisierte Gewalt gegen Christen im ganzen Land ausbreitet“, sagte A. C. Michael, nationaler Koordinator des “United Christian Forum“, das Teil der Untersuchungskommission ist, gegenüber dem Hilfswerk Aid to the Church in Need (ACN).
„In den neun Monaten seit Januar“, so der Bericht, „wurden Christen im ganzen Land 305 Mal gewaltsam angegriffen“; viele der Angriffe gingen vom Mob aus.
Dem Bericht zufolge war der September mit 69 gewalttätigen Übergriffen der schlimmste Monat für Christen in Indien, gefolgt vom August mit 50, Januar mit 37, Juli mit 33, März, April und Juni mit 27, Februar mit 20 und Mai mit 15 Angriffen.
Indiens Hindi sprechende Bundesstaaten wie Uttar Pradesh, Chhattisgarh, Jharkhand und Madhya Pradesh verzeichneten im Berichtszeitraum 169 Vorfälle von Gewalt gegen Christen.
Auch der relativ friedliche südliche Bundesstaat Karnataka ist inzwischen feindselig gegenüber Christen eingestellt. Nach der Machtübernahme der pro-hinduistischen Bharatiya Janata Party (BJP) wurden bis September 32 gewalttätige Vorfälle gemeldet.
Die Hindu-Extremisten, die hinter diesen Angriffen stecken, verschonten dem Bericht zufolge nicht einmal Frauen. Mehr als 1331 Frauen wurden bei den Angriffen gegen Christen verletzt, darunter 588 aus indigenen Gemeinschaften und 513 Dalits, früher als Unberührbare bekannt.
Der Bericht dokumentiert auch 28 Fälle von Beschädigungen christlicher Gebetsstätten, einschließlich Kirchen.
Ein weiteres großes Problem für Christen ist die ablehnende Haltung der Polizei und anderer ziviler Behörden. 85 Mal wurde Christen unter dem einen oder anderen Vorwand verboten, sich zu religiösen Aktivitäten zu versammeln, heißt es in dem Bericht.
Der Bericht verzeichnete 10 bekannte Fälle, in denen Christen aufgrund der Antikonvertierungsgesetze illegaler Bekehrungsaktivitäten beschuldigt wurden, die angeblich durch Betrug, Nötigung oder Verführung zustande gekommen waren.
„Minderheiten dürfen ihren Glauben nicht ausüben“, sagte Michael und fügte hinzu, dass „ein solches Phänomen auf dem Vormarsch ist, und das auch noch mit stillschweigender Unterstützung der Polizei und anderer Regierungsbeamter, die uns eigentlich schützen sollten“.
Am 3. Oktober brach ein Mob von 300 Menschen in eine Kirche in Roorkee im Bundesstaat Uttarakhand ein, griff Gläubige an und verwüstete die Kirche. Die Angreifer „zerstörten die Überwachungskameras, misshandelten Männer und belästigten Frauen“, so Michael gegenüber Aid to the Church in Need (ACN).
Selbst nach mehreren Wochen „wurde niemand verhaftet und die Schikanen gegen Christen gingen weiter“, sagte Michael, der ein ehemaliges Mitglied der Minderheitenkommission des Bundesstaates Delhi ist, die die Interessen von Minderheiten schützen soll. Er fügte hinzu: „Wir leben in einer sehr bedrohlichen Situation.“
„Trotz der zunehmenden Schikanen gegen Rechtsanwälte, Aktivisten, Journalisten, Studenten, Akademiker und andere, die der Regierung und ihrer Politik kritisch gegenüberstehen, bin ich optimistisch, dass unser Land die Bewährungsprobe für seine Demokratie und seine säkuläre Ausrichtung übersteht, da die Verfassungsorgane wie die Justiz weiterhin eine Position vertreten, die auch vertreten werden sollte.“
„“Dies ist eine vorübergehende Phase, die bald vorbei sein wird, sobald die Mehrheit dies versteht und ihre politische Macht nutzt“, schloss Michael.
Der emeritierte Erzbischof von Bhopal, der Hauptstadt des zentralindischen Bundesstaates Madhya Pradesh, Leo Cornelio, hat ebenfalls seine Besorgnis über die zunehmenden Angriffe auf Christen zum Ausdruck gebracht.
Er wandte sich in einem Schreiben an Premierminister Narendra Modi mit dem Appell, wirksame Maßnahmen zur Eindämmung der Gewalt gegen Christen einzuleiten.
In seinem Schreiben vom 26. Oktober erklärte der Prälat, dass „bestimmte Einzelpersonen und Gruppen eine Hasskampagne gegen Minderheitengruppen, insbesondere Christen, gestartet haben“, die zu Gewalt gegen sie führe. „Der zunehmende religiöse Fundamentalismus und Hass“, so der Prälat, seien „eine Bedrohung für das Wachstum der Nation“.
Christen machen 2,3 Prozent der 1,3 Milliarden Einwohner Indiens aus. Die Kirchen engagieren sich vor allem in den Bereichen Bildung, Gesundheitsfürsorge und anderen wohltätigen Zwecken.