„Alles ist teuer geworden in Damaskus!“, ruft Schwester Joseph-Marie Chanaa aus. „Die wachsende Not hat mich gezwungen, mich im sozialen Bereich einzusetzen und etwas für diejenigen zu tun, die arm sind und leiden“, fügt sie, die ursprünglich Katechetin war, hinzu. Denn seit in Syrien Krieg herrscht, engagiert sich Schwester Chanaa als Mitglied des Ordens der Barmherzigen Schwestern von Besançon mit einer sechzehnköpfigen Gruppe unter ihrer Leitung, um mit der Unterstützung von Aid to the Church in Need (ACN) christlichen Familien in Damaskus beizustehen.
In Damaskus beträgt der Mietpreis für eine Drei-Zimmer-Wohnung mit einem Wohnzimmer, zwei Schlafzimmern, Küche Bad – durchschnittlich 60.000 syrische Pfund (über 100 Euro). Schwester Chanaa nennt das Beispiel einer Familie, in der nur der Vater berufstätig ist; er bezieht ein Gehalt von 80.000 syrischen Pfund (140 Euro). Das bedeutet, es bleiben ihm nur noch 20.000 syrische Pfund (40 Euro) für den Unterhalt seiner Familie. Um eine Vorstellung von der Größenordnung zu vermitteln: Der Preis für ein belegtes Brot beträgt heute 1000 syrische Pfund (1,70 Euro). „Für Syrien ist das sehr teuer“, erklärt Schwester Chanaa.
Damit christliche Familien weiterhin in Damaskus und Umgebung wohnen können, unterstützen Schwester Chanaa und die von ihr geleitete Gruppe sie mithilfe von ACN, indem sie etwa ein Viertel ihrer Miete zahlen. Dieser Betrag ermöglicht es den Familien, weiterhin unter annehmbaren Bedingungen in ihrem Land zu leben. „In der Regel hatten diejenigen, die emigriert sind, Geld, um sich anderswo niederzulassen. Das gilt jedoch nicht für die Menschen, die im Land geblieben sind und bei der Zahlung ihrer Miete unterstützt werden. Nur fünf oder sechs Familien haben Mitte des Jahres 2019-2020 das Land verlassen“, sagt Schwester Chanaa.
Nicht nur die Mieten sind gestiegen, sondern auch die Preise für Benzin und Grundnahrungsmittel. Das verleitet Familien dazu, ihre Kinder nicht zur Schule zu schicken oder studieren zu lassen, um „versteckte Bildungskosten“ wie Fahrtkosten oder Fotokopien zu vermeiden. Um Studienabbrüche zu verhindern, hat ACN beschlossen, auch in diesem Jahr wieder 550 Studierende der Universität Damaskus zu unterstützen. „Dieses Projekt ist wichtig, denn wir helfen christlichen Studierenden unabhängig von ihrem Ritus, ihr Studium fortzusetzen, indem wir ihnen ermöglichen, ihre Fahrkarten oder Fotokopien für Lehrveranstaltungen zu bezahlen“, sagt Schwester Chanaa, die das Projekt auch vor Ort leitet.
Viele von ihnen sind dankbar. Es rührt Schwester Chanaa, wenn sie, wie so oft, von ihnen hört: „Schwester, wir wissen nicht, wie wir Ihnen danken sollen; Ihre Hilfe ist so wertvoll.“
Es freut die Schwester, dass die jungen Leute normalerweise in Syrien bleiben wollen und nur deswegen ins Ausland gehen, um sich zu spezialisieren und anschließend wieder zurückzukommen. Denjenigen, die indessen versucht sind, vor allem deswegen zu emigrieren, weil sie dem Militärdienst entgehen wollen, pflegt die Schwester zu sagen: „Natürlich wissen wir nicht, was die Zukunft bringt, aber ihr müsst eurem Land dienen und die Kirche hilft euch dabei.“
Der Krieg und seine Folgen hat auch Menschen mit chronischen Krankheiten wie Diabetes, Hyperglyceridämie (eine Fettstoffwechselstörung) oder hohem Cholesterinspiegel nicht verschont. Die Ärmsten sind natürlich am stärksten betroffen, weil sie die Kosten für die Behandlung nicht tragen können, zumal sich die Arzneimittelpreise seit 2016 verdreifacht haben und es an Medikamenten fehlt. Viele pharmazeutische Unternehmen und Arzneimittellager sind nämlich zerstört worden. Heilmittel werden in den Apotheken immer knapper und in dieser Situation sind die Menschen gezwungen, Hilfe bei karitativen Einrichtungen und Kirchen zu suchen. In den Gebieten, die von den Rebellen und der türkischen Armee kontrolliert werden, leisten internationale Organisationen Nothilfe; in den von der Regierung kontrollierten Gebieten wie Damaskus sind diese Organisationen dagegen nicht so aktiv. Deswegen wird ACN über die Vermittlung von Schwester Chanaa auch in diesem Jahr wieder 200 Kranke in der Hauptstadt unterstützen, damit sie sich die notwendigen Heilmittel und Medikamente beschaffen können.
Wegen der zunehmenden Arzneimittelknappheit in den Apotheken empfiehlt Schwester Chanaa ihren Teams, im Voraus Medikamentenvorräte für drei bis vier Monate anzulegen. Momentan sind noch Reserven bis Oktober vorhanden. Leider berichtet Schwester Chanaa, dass die Zahl der Krebskranken „unter jungen Menschen und bei Personen mittleren Alters dramatisch zunimmt“, und bedauert sehr, dass es „sehr wenig Hilfe für sie gibt“.