Gesetzeslage zur Religionsfreiheit und deren faktische Anwendung
Die Religionsfreiheit und das Recht auf freie Glaubensausübung sind in der Verfassung Simbabwes aus dem Jahr 2013 verankert. Die Präambel verweist auf „Gott den Allmächtigen, in dessen Händen die Zukunft der Nation liegt“. Artikel 3, Absatz 1(d) der Verfassung betont die „Vielfalt der kulturellen, religiösen und traditionellen Werte der Nation“ und die damit verbundenen Rechte. Artikel 60, Absatz 1 (a) und (b) sichert allen Bürgern das Recht auf „Gedanken-, Meinungs-, Religions- und Glaubensfreiheit“ sowie das Recht zu, ihre Religion und ihren Glauben öffentlich oder privat, alleine oder in Gemeinschaft mit anderen zu praktizieren und zu verkünden. In Artikel 60, Absatz 2 heißt es weiter: „Kein Mensch darf dazu gezwungen werden, einen Eid abzulegen, der seiner Religion oder seinem Glauben widerspricht, oder dies in einer Weise zu tun, die diesem Glauben widerspricht.“
Artikel 60, Absatz 3 gewährt Eltern und Erziehungsberechtigten das Recht, die ethische und religiöse Erziehung ihres Kindes im Sinne ihres Glaubens zu bestimmen, solange dies nicht die verfassungsmäßigen Rechte des Kindes beeinträchtigt, wie unter anderem das Recht auf Bildung, Gesundheit, Sicherheit und Wohlergehen. Absatz 4 desselben Artikels sichert Glaubensgemeinschaften das Recht zu, eigene Einrichtungen zu gründen, in denen sie Religionsunterricht anbieten können. Dies gilt auch für den Fall, dass die Einrichtungen Zuschüsse oder sonstige Hilfen vom Staat erhalten.
Die Menschenrechte und Grundfreiheiten sind in der Verfassung Simbabwes also formell fest verankert. Doch kommt es immer wieder zu Einschränkungen dieser Rechte, sobald die Rolle der Regierungspartei ZANU-PF (Zimbabwe African National Union – Patriotic Front) infrage gestellt wird. So schränkte beispielsweise das Gesetz über öffentliche Ordnung und Sicherheit (Public Order and Security Act – POSA) aus dem Jahr 2002 die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ein. Die Behörden griffen darauf zurück, um Versammlungen jeglicher Art, auch religiöse, als politisch einzustufen. Menschenrechtsorganisationen zufolge hat die Polizei häufig religiöse Versammlungen unter Verweis auf das Gesetz unterbunden.
2017 wurde nach der Absetzung des langjährigen Machthabers Robert Mugabe eine neue Regierung gebildet, die das alte Gesetz über Öffentliche Ordnung und Sicherheit 2019 durch das Gesetz zur Wahrung von Frieden und Ordnung (Maintenance of Peace and Order Act – MOPA) ersetzte. Seither wird dem neuen Präsidenten, dem ehemaligen Mugabe-Getreuen Emmerson Mnangagwa, vorgeworfen, dass er Regimekritiker verfolge.
Vorfälle und aktuelle Entwicklungen
In den vergangenen zwei Jahren gab es in Simbabwe im Hinblick auf die Religionsfreiheit mehrere bedeutsame Entwicklungen.
Im Oktober 2020 wurde der Interreligiöse Rat Simbabwes (Zimbabwe Interreligious Council – ZIRC) gegründet. Der ZIRC, der Christen und Muslime an einen Tisch bringt, ist darauf ausgerichtet, „den Frieden, die Versöhnung, gute Regierungsführung und eine ganzheitliche Entwicklung der Menschen durch gemeinsame Maßnahmen und Zusammenarbeit zu fördern“.
Im Dezember 2020 entschied das Verfassungsgericht des Landes, dass das Treuegelöbnis an Schulen, das einen Verweis auf den „allmächtigen Gott“ enthält, gegen das verfassungsmäßige Recht von Schülern und Eltern auf Gewissensfreiheit verstößt.
Im September 2021 legte das Kabinett Änderungsvorschläge für das Gesetz über private Hilfsorganisationen (Private Voluntary Organizations Act – PVO) vor, die angeblich für eine bessere Beaufsichtigung von Nichtregierungsorganisationen und eine wirksamere Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus notwendig seien. Zudem sollte damit effektiver verhindert werden, dass militante Gruppen die Regierung stürzen und sich im Ausland Finanzmittel beschaffen.
Im November 2021 wurde der entsprechende Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht. Er wurde jedoch von verschiedenen Organisationen, auch von religiösen Gruppen, kritisiert, weil das Gesetz ein noch breiteres Spektrum an Organisationen unter die umfassende Aufsicht der Behörden stellen und eine Einflussnahme auf interne Angelegenheiten und die Finanzierung ermöglichen würde.
Bislang fallen Glaubensgemeinschaften nicht unter das PVO-Gesetz, auch wenn sie neben ihren religiösen Aktivitäten zusätzlich im sozialen Bereich tätig sind. Wenn das Gesetz verabschiedet wird, kann die Regierung alle Organisationen verbieten, die sich in die Politik einmischen. Sie kann dann auch religiösen Organisationen die Zulassung entziehen oder die Verantwortlichen absetzen, wenn sie der Meinung ist, dass von der betreffenden Organisation ein hohes Risiko ausgeht.
Zivilgesellschaftliche Organisationen und religiöse Gruppen fürchten, dass das neue PVO-Gesetz das Recht auf Versammlungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung einschränken wird und dass sie, möglicherweise nicht mehr im selben Umfang wie bisher ihren Aktivitäten nachgehen können.
Im Dezember 2021 veröffentlichten vier UN-Sonderberichterstatter eine Erklärung, in der sie darauf hinwiesen, dass das neue Gesetz schwerwiegende Auswirkungen auf die Ausübung der Bürgerrechte und der politischen Rechte haben werde, was auch negative Folgen für die Religionsfreiheit haben könnte.
Während der COVID-19-Pandemie gingen die Behörden und Geistlichen im ganzen Land gemeinsam gegen Desinformation vor und warben dafür, dass sich die Menschen impfen lassen. Doch die staatlichen Einschränkungen stellten die religiösen Organisationen, vor allem die christlichen Kirchen, vor große Herausforderungen, statt sie mehr in die Maßnahmen zur Krisenbewältigung einzubeziehen, wie einige Religionsvertreter anmerkten. Darüber hinaus warfen Menschenrechtsgruppen den Behörden vor, die Lebensmittelhilfen während der Pandemie für politische Zwecke missbraucht und Gesundheitsschutzvorschriften selektiv umgesetzt zu haben, um Kritiker der staatlichen Maßnahmen zum Schweigen zu bringen. Regierungsfreundliche religiöse Gruppen könnten hingegen das Verbot großer Zusammenkünfte problemlos umgehen.
Die Rundfunkbehörde Broadcasting Authority of Zimbabwe (BAZ) hat im Berichtszeitraum mehrere Hörfunklizenzen an Kommunen und Hochschulen vergeben. Doch der katholischen Kirche wurde zum wiederholten Mal die Lizenz für einen Radiosender verweigert. Dahinter steht wohl vor allem die Angst, dass unabhängige Sender den Staat und die Regierungspartei ZANU-PF kritisieren könnten. Die BAZ erklärte, religiöse Gruppen seien dem Gesetz nach nicht berechtigt, Rundfunklizenzen zu erwerben. Deshalb wenden sich die Glaubensgemeinschaften nun verstärkt den sozialen Medien zu.
Die Katholische Universität von Simbabwe kündigte an, eine Plattform für Online-Unterricht eröffnen zu wollen, mit der sie auch Menschen in anderen Ländern erreichen könne. Seit ihrer Gründung im Jahr 1999 hat sich die Zahl der Studierenden verzehnfacht.
Die katholische Kirche Simbabwes spielt im Bereich der Bildung und der Informationen der Gläubigen über Bürgerpflichten (etwa die Wahlteilnahme) eine herausragende Rolle. Gemeinsam mit anderen Kirchen hat die Katholische Bischofskonferenz von Simbabwe Ausgaben der Landesverfassung an die Gläubigen verteilt und Diskussionen über Bürgerrechte angestoßen, in denen auch die Bedenken in Bezug auf die Versammlungsfreiheit und die Meinungsfreiheit angesprochen wurden.
Im März 2022 fanden nach langer Verzögerung Nachwahlen zur Nationalversammlung statt. Dabei gewann die größte Oppositionspartei, Citizens' Coalition for Change 19 der 28 Sitze. Im Vorfeld hatte die Katholische Bischofskonferenz des Landes zu freien, fairen und friedlichen Wahlen aufgerufen.
Perspektiven für die Religionsfreiheit
Berichten zufolge beobachtet die simbabwische Regierung nach wie vor religiöse und zivile Gruppen und Organisationen, die sich kritisch zur Regierungspolitik äußern. Dies betrifft unter anderem öffentliche Veranstaltungen von Nichtregierungsorganisationen und religiöse Versammlungen kirchlicher Gruppen.
Die konfrontative Stimmung, die der katholischen Kirche zuletzt entgegenschlug, hat sich inzwischen etwas gelegt.
Ein wichtiger Schritt im Berichtszeitraum war die Gründung des Interreligiösen Rates Simbabwes, in dem sich Christen, Muslime und andere Gläubige für das Gemeinwohl stark machen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob es dem neuen Gremium gelingt, auf Verbesserungen hinzuwirken, zumal die Regierung weiterhin ein wachsames Auge auf religiöse Gruppen hat. Eine Veränderung der Lage der Religionsfreiheit in Simbabwe ist deshalb nicht absehbar. Die weitere Entwicklung liegt in der Hand der Regierung.