Gesetzeslage zur Religionsfreiheit und deren faktische Anwendung
Mosambik ist gemäß Artikel 12, Absatz 1 und 2 der Verfassung von 2004 ein säkularer Staat, der die Trennung von Staat und Religion wahrt. Laut Artikel 292c der Verfassung ist dieser Grundsatz unantastbar. Artikel 12, Absatz 3 der Verfassung sichert Glaubensgemeinschaften das Recht zu, Organisationen zu gründen, ihren Tätigkeiten frei nachzugehen und ihren Glauben frei auszuüben, soweit sie sich an geltendes Recht halten. Gemäß Artikel 54, Absatz 3 dürfen sie ungehindert ihre religiösen Ziele verfolgen und für die Umsetzung ihrer Ziele Vermögen besitzen und erwerben. Der Staat „anerkennt und achtet die Aktivitäten der Glaubensgemeinschaften, um ein Klima des gegenseitigen Verständnisses, der Toleranz und des Friedens zu fördern, um die nationale Einheit zu stärken und um das materielle und geistliche Wohl der Bürger sowie die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu fördern“ (Artikel 12, Absatz 4).
Laut Artikel 35 der Verfassung sind alle Bürger vor dem Gesetz gleich. Unabhängig von ihrer Religion haben sie alle dieselben Rechte. Artikel 54, Absatz 2 untersagt es, Personen aufgrund ihres Glaubens oder ihrer religiösen Überzeugungen oder ihrer Glaubensausübung zu diskriminieren, zu verfolgen, zu benachteiligen oder zu bevorzugen. Jeder Bürger kann laut Artikel 54, Absatz 1 frei entscheiden, ob er einen Glauben ausüben möchte oder nicht. Das Recht auf Religionsfreiheit kann auch im Belagerungszustand oder im Falle eines nationalen Notstands nicht eingeschränkt werden (Artikel 286). Jeder hat gemäß Artikel 54, Absatz 5 das Recht, den Militärdienst aus Gewissensgründen zu verweigern. Niemand darf aufgrund seiner Religion vom Staatsdienst ausgeschlossen werden (Artikel 251, Absatz 1). Personenbezogene Daten bezüglich der weltanschaulichen oder religiösen Überzeugungen sind laut Artikel 71, Absatz 1 besonders zu schützen. In nicht anonymisierter Form dürfen sie nicht mittels Informationstechnik aufgezeichnet und verarbeitet werden. Die Namen von politischen Parteien dürfen keinen direkten Bezug zu einer bestimmten Glaubensrichtung oder Kirche haben, und Parteien dürfen keine Symbole verwenden, die mit nationalen oder religiösen Symbolen verwechselt werden könnten (Artikel 76). Berufsverbände und Gewerkschaften müssen ihre Unabhängigkeit von Kirchen oder Glaubensrichtungen wahren (Artikel 86, Absatz 3). Artikel 39 verlangt strafrechtliche Vorschriften zur Verhinderung von jeglichen Handlungen, die die nationale Einheit gefährden, den sozialen Frieden stören oder dazu führen, dass Personen unter anderem aufgrund ihres Glaubens bevorzugt oder benachteiligt werden. Artikel 54, Absatz 3 gewährleistet den Schutz von Kult- und Gebetsstätten. Der Unterricht an öffentlichen Schulen ist nicht konfessionsgebunden (Artikel 113, Absatz 3). Der Staat darf keinen bestimmten religiösen oder weltanschaulichen Leitlinien folgen (Artikel 113, Absatz 5). Die zivilrechtliche Wirkung religiöser Eheschließungen und ihre amtliche Registrierung sind gesetzlich zu regeln (Artikel 119, Absatz 4). Nichtregierungsorganisationen, auch die in der Trägerschaft von Glaubensgemeinschaften, müssen sich beim Justizministerium registrieren lassen.
Die auf Kooperation, Unabhängigkeit und Autonomie basierenden Beziehungen zwischen der Republik Mosambik und dem Heiligen Stuhl sind in einem 2011 unterzeichneten Konkordat geregelt. Darin erkennt der Staat die Katholische Kirche in Mosambik als Rechtspersönlichkeit an und gewährt ihr das Recht, ihrem apostolischen Auftrag nachzugehen. Er sichert ihr auch das Recht zu, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und ethischen Grundsätze des Landes entweder selbst oder über ihre Institutionen öffentlich tätig zu werden (Artikel 5, Absatz 1). Das beinhaltet auch das Recht, in ihren Bildungseinrichtungen sowie in ihren medizinischen und sozialen Einrichtungen seelsorgliche, geistliche, lehrende und erzieherische Aufgaben wahrzunehmen (Artikel 12). Katholische Eheschließungen werden gemäß Artikel 14, Absatz 3 des Konkordats durch ihre amtliche Registrierung rechtswirksam. Das Beichtgeheimnis ist unantastbar. Dies gilt auch für das Zeugnisverweigerungsrecht gegenüber staatlichen Stellen und für den Schutz der Kirchenarchive (Artikel 10). Die Katholische Kirche hat das Recht, eigene Bildungseinrichtungen zu betreiben, in denen auch Religionsunterricht erteilt werden darf (Artikel 15).
Religiöse Bevölkerungsstruktur
Mosambik ist mit 5,7 Millionen Katholiken und 2,5 Millionen Protestanten ein mehrheitlich christliches Land. Daneben gibt es eine große Gemeinschaft von 3,6 Millionen Muslimen, die überwiegend sunnitischen Glaubens sind und vor allem in den nördlichen Provinzen Niassa (61 %) und Cabo Delgado (54 %) sowie entlang der Küste leben. Der Süden und die großen Städte des Landes sind überwiegend christlich geprägt. Die brasilianische Neo-Pfingstbewegung Igreja Universal do Reino de Deus (Universalkirche des Königreichs Gottes) erlebt in Mosambik großen Zulauf. Darüber hinaus sind 3,1 Millionen Mosambikaner zionistische Christen. Traditionelle afrikanische Religionen sind vor allem in den ländlichen Gegenden stark vertreten. In der Provinz Cabo Delgado, die am stärksten vom dschihadistischen Terror betroffen ist, haben die Katholiken einen Anteil von 36 % an der Bevölkerung. Außerdem gibt es dort kleinere Gemeinschaften von Protestanten und Zionisten.
Politik
Nachdem Mosambik 1975 die Unabhängigkeit von Portugal erlangt hatte, verfiel das Land in einen Bürgerkrieg, der zwischen den Anhängern der Freiheitsbewegung FRELIMO und den Anhängern der Widerstandsbewegung RENAMO ausgetragen wurde. Der Krieg, der mehr als eine Million Menschenleben forderte, wurde mit der Unterzeichnung des Allgemeinen Friedensabkommens von Rom zwischen der regierenden Partei FRELIMO und der RENAMO am 4. Oktober 1992 beendet. Die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio, der Erzbischof von Beira, Jaime Pedro Gonçalves, und die italienische Regierung hatten bei den Friedensverhandlungen vermittelt. Am 5. September 2014 und am 6. August 2019 wurde jeweils ein weiteres Friedensabkommen vereinbart. Die Kirchen, insbesondere die Katholische Kirche, haben in Mosambik ein gewisses Ansehen als Versöhnungsstifter, vor allem seit Papst Johannes Paul II. 1988 das Land besuchte und zum Frieden aufrief.
In den ersten Jahren nach der Unabhängigkeit war Religionsunterricht unter dem marxistisch-leninistisches FRELIMO-Regime zunächst verboten. Einrichtungen in religiöser Trägerschaft wurden verstaatlicht und Geistliche wurden verfolgt, obgleich die FRELIMO nach Auffassung einiger Wissenschaftler eine wohlwollende Haltung zur Religion hatte. Nach 1981 verbesserte sich die Lage und das Verhältnis zur Katholischen Kirche entwickelte sich zum Positiven. Zu der Zeit wurden zwei miteinander konkurrierende muslimische Organisationen gegründet: der Islamische Rat von Mosambik (CISLAMO) und der Islamisch-Sunnitische Kongress von Mosambik. Die regierende FRELIMO unterstützte den CISLAMO, der die Salafisten aus dem Süden auf Kosten der Sufis aus dem Norden stärkte und mit der Verwaltung muslimischer Einrichtungen beauftragt wurde. In der Folge wurde eine ganze Generation junger Muslime aus dem Norden Mosambiks in salafistischen Ausbildungsstätten im Ausland ausgebildet. Bei ihrer Rückkehr fühlten sie sich ausgegrenzt. Ihre Frustration führte 1989 dazu, dass außerhalb der CISLAMO die Organisation Ahl Al-Sunna gegründet wurde, die auch als Al-Shabaab (die „Jugend“) bezeichnet wird. Diese entwickelte sich zu einer verbreiteten Basisbewegung, die Medresen und Moscheen baut und Solidaritätsprogramme organisiert. Junge Menschen wurden durch die Ausbildung an islamischen Hochschulen im Ausland und durch kleine Unternehmenskredite gefördert. In der Vergangenheit gab es in Mosambik keinen militanten Islamismus. Die Beziehungen zwischen Muslimen und Christen waren auch im Norden immer friedlich und von gegenseitigem Respekt geprägt. Dennoch entwickelte sich aufgrund der Tatsache, dass Christen, die mehrheitlich der Volksgruppe der Makondé angehören, die Regierungspartei FRELIMO unterstützten, und Muslime, die mehrheitlich der Volksgruppe der Mwani angehören, die größte Oppositionspartei RENAMO unterstützten, eine gewisse politische Rivalität.
Seit Mosambik 1975 die Unabhängigkeit erlangte, beherrscht die FRELIMO die Politik des Landes. Nach der Einführung von Mehrparteien-Wahlen 1994 wurden Vorwürfe wegen Wahlbetrugs laut, da die FRELIMO weiterhin die Wahlen gewann. Bei der jüngsten Wahl 2019 erhielt Präsident Nyusi von der regierenden FRELIMO 73 % der Stimmen. Und nachdem die FRELIMO auch in den meisten Provinzen die Stimmenmehrheit erzielt hatte, war sie berechtigt, die Gouverneure der zehn Provinzen des Landes zu benennen. Aus Frustration über die Staatspolitik und die mangelnde staatliche Unterstützung und aus einem Gefühl der Ausgrenzung entwickelte sich unter den muslimischen Volksgruppen der Macua und Mwani in der Provinz Cabo Delgado unter dem Einfluss von Predigern aus Kenia eine Brutstätte für Dschihadisten, die die Missstände vor Ort ausnutzten.
Gesellschaft und Wirtschaft
Auf dem Korruptionsindex von Transparency International liegt Mosambik unter den 180 bewerteten Ländern auf Platz 147. In der Liste der am wenigsten entwickelten Länder der Welt des Human Development Index lag das Land 2022 auf Platz 7. Und in der Liste der fragilsten Staaten der Welt schneidet es seit 2014 jedes Jahr schlechter ab. Statistische Daten zur Provinz Cabo Delgado offenbaren die extrem prekäre Lage: 76,4 % der Haushalte haben keine sanitäre Grundversorgung; 56,1 % der Haushalte haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 21,9 % haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung; 86,6 % der Kinder leben in Haushalten ohne Stromversorgung; 45 % der Kinder unter fünf Jahren leiden an chronischer Mangelernährung; und 55,7 % der Kinder im Schulalter haben noch nie eine Schule besucht. Die Analphabetenrate in Cabo Delgado liegt 12,5 % über dem Landesdurchschnitt (Menschen ab einem Alter von 15 Jahren: 66,8 % weiblich und 36,7 % männlich), und nur 30 % der Bevölkerung beherrscht die Amtssprache Portugiesisch. Vertreter der christlichen und der muslimischen Glaubensgemeinschaften warnen vor der „schwerwiegenden humanitären Krise“, die durch die Gewalt der Extremisten und die Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie noch verstärkt wird.
Im krassen Gegensatz zur Armut der Menschen steht die wirtschaftliche Entwicklung in Cabo Delgado. Denn seit der Entdeckung großer Erdgasvorkommen vor der Nordküste Mosambiks im Jahr 2010 werden in der Region die größten Projekte zur Erdgasförderung und -verflüssigung in Afrika umgesetzt. Analysten schätzen die Investitionen der internationalen Energiekonzerne auf bis zu 100 Mrd. US-Dollar. Doch die Bevölkerung vor Ort hat offenbar kaum einen Nutzen von dieser Entwicklung, denn die Arbeitsplätze, die dort entstehen, werden mit qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland besetzt. Außerdem mussten Tausende Landwirte und Fischer im Zuge der Erschließung umgesiedelt werden und wurden dadurch noch tiefer in die Armut gedrängt. Die Menschen sollen ihrer Meinung nach gezielt von ihrem Land vertrieben werden, damit ihre reichen Bodenschätze ungehindert ausgebeutet werden können, zum Beispiel Erdgas und das für Elektroautos benötigte Graphit. Anfang 2017 sorgte die Regierung für weiteren Unmut, als sie in der Nähe der Stadt Montepuez Tausende selbstständige Minenarbeiter, die über Konzessionen verfügten, zum Teil gewaltsam vertreiben ließ.
In diesem sozialen, wirtschaftlichen und politischen Kontext tiefer Armut, verbreiteter Korruption und großer Frustration unter den jungen Menschen gelingt es radikalen islamischen Predigern, die oftmals im Ausland ausgebildet werden, ihre Hassbotschaften zu verbreiten und Dschihad-Kämpfer zu rekrutieren. Im Oktober 2017 kam es erstmals in Cabo Delgado zu einem dschihadistischen Angriff, als etwa 30 Kämpfer der Terrorgruppe „Ahl Al Sunna Wa-Al Jamâa”“ (ASWJ), auch bekannt als „Ansar al-Sunna“ oder „Al-Shabaab“ (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen somalischen Terrorgruppe), eine Polizeiwache in der strategisch wichtigen Stadt Mocimboa da Praia überfielen und zwei Polizisten töteten. Die ASWJ soll Berichten zufolge schon im April 2018 der Terrororganisation ISIS die Treue geschworen haben und wurde im August 2019 von ISIS als Mitglied anerkannt. Die ASWJ in Mosambik wurde unter dem Namen „Islamischer Staat der Provinz Zentralafrika“ (ISCAP) mit der Terrorgruppe ADF in der Demokratischen Republik Kongo vereint. Ab Mai 2022 wurden die Organisationen wieder getrennt voneinander als IS-Mozambique (IS-Moz oder ISM) und als ISCAP-DRC (Demokratische Republik Kongo) bezeichnet.
Vorfälle und aktuelle Entwicklungen
Seit Mai 2018 schlugen die Kämpfer der ASWJ immer wahlloser und brutaler zu. Zunehmend kam es zu Enthauptungen und Entführungen von Frauen und Mädchen. Ab Mitte des Jahres 2019 mehrten sich die Anschläge. Die Terroristen waren besser bewaffnet und gingen strategischer vor. Sie hatten offenbar mehr Finanzmittel (durch illegalen Handel) und mehr Rekruten zur Verfügung, insbesondere Überläufer aus den mosambikanischen Streit- und Sicherheitskräften und Jugendliche, die sich ein Einkommen sichern wollten und von Ausbildern aus dem Ausland trainiert wurden. Einige Gruppen strebten ihre Legitimierung an, indem sie in der örtlichen Bevölkerung für Unterstützung warben und ihre Aktionen damit begründeten, dass sie die Gebiete entlang der Swahiliküste zurückerobern wollten, die in der Vergangenheit unter der Herrschaft muslimischer Sultanate gestanden hatten.
Seit Juli 2021 geht das mosambikanische Militär mit Unterstützung von Militärkräften aus Ruanda und den SADC-Ländern (vor allem Südafrika) gegen die Extremisten vor, um sie aus der rohstoffreichen Provinz zurückzudrängen und dort eine Fortsetzung der im April 2021 eingestellten Aktivitäten zu ermöglichen. IS-Mozambique setzt seine Angriffe auf Abbaustätten von Graphit und Edelsteinen fort und treibt den „See-Dschihad“ vor der Küste voran.
Mit ihrem militärischen Vorgehen gegen die Dschihadisten hat die Regierung einen gewissen Erfolg. Ihre Maßnahmen gehen aber auch mit schwerwiegenden Verstößen gegen die Menschenrechte einher. Die korrupten, schlecht ausgebildeten Streitkräfte, die von Söldnertruppen und ruandischen Soldaten unterstützt werden, gehen auch gegen Journalisten und gegen die muslimische Zivilbevölkerung vor. Willkürliche Festnahmen und Prozesse schüren Angst und den Widerstand gegen staatliche Behörden.
Im Mai 2021 verabschiedete die Afrikanische Kommission für Menschenrechte und die Rechte der Völker eine Resolution, mit der sie die Regierung aufforderte, „das Massenmorden und willkürliche Hinrichtungen zu beenden, die Zivilbevölkerung zu schützen und die Gewalttaten zu untersuchen und zu verfolgen“. Internationale Beobachter kritisieren die „unwirksame und brutale Bekämpfung der Aufständischen durch eine korrupte Regierung“. Der Regierung sei es bisher nicht gelungen, die Ursachen des Terrorismusproblems zu beheben. Auch die dramatischen Folgen der Kämpfe habe sie bisher nicht beseitigen können, etwa durch den Wiederaufbau der grundlegenden Infrastruktur und von Häusern und Kult- und Gebetsstätten. Auch die katholischen Organisationen des Landes stellen das militärische Vorgehen in Frage. Die Terrorbekämpfung verschlingt ihren Angaben zufolge das Dreifache der Ressourcen, die für die Wasserversorgung, für die medizinische Versorgung und für soziale Hilfe zur Verfügung stehen. Der katholische Bischof von Pemba, Antonio Juliasse Ferreira Sandramo, wies darauf hin, wie wichtig es sei, „den jungen Menschen Hoffnung zu geben, damit sie nicht in Versuchung geraten, sich den Dschihadisten anzuschließen“.
Die Vertreter der Glaubensgemeinschaften setzen sich gemeinsam für den Frieden ein. Am 3. Januar 2022 veröffentlichten christliche und muslimische Vertreter eine gemeinsame Erklärung, in der sie sich verpflichten, ihren Gläubigen zu vermitteln, was Religion tatsächlich bedeutet, um innerhalb der Gesellschaft deutlich zu machen, dass nicht die Religion, insbesondere nicht der mit vielen Vorurteilen behaftete Islam, die Ursache für die Konflikte ist. Zur Verbesserung der Terrorbekämpfung verabschiedete das mosambikanische Parlament im Mai 2022 ein strengeres Terrorbekämpfungsgesetz und im Dezember 2022 ein Gesetz, das Bürgermilizen in Cabo Delgado berechtigt, gegen Dschihadisten vorzugehen. Tansania sichert inzwischen seine Grenze zu Cabo Delgado militärisch ab, um das Eindringen von Terroristen zu verhindern.
Gewaltsame Zwischenfälle
Nach Informationen des ACLED wurden seit Ausbruch des Konflikts im Oktober 2017 im Norden von Mosambik mehr als 4000 Menschen getötet. Allein im Jahr 2021 kamen bei 384 Anschlägen 1127 Zivilisten ums Leben. Laut einem Bericht des UNHCR befinden sich infolge der dschihadistischen Gewalt im Norden Mosambiks 1 028 743 (in Cabo Delgado 935 130) Menschen auf der Flucht.
Unter den Opfern befinden sich Christen und auch Muslime, die sich nicht der radikalen dschihadistischen Agenda anschließen. Der Sprecher der im Norden gelegenen katholischen Diözese Pemba, Kwiriwi Fonseca, bestätigte, dass in den überwiegend von Muslimen bewohnten Gebieten Christen unter Todesandrohung gezwungen werden, zum Islam zu konvertieren: „Junge Männer, die sich bereit erklären, zum Islam überzutreten, werden als Kämpfer ausgebildet. Junge Frauen werden vergewaltigt und zwangsverheiratet.“
Im März 2021 töteten ASWJ-Kämpfer bei einem Angriff auf die im Norden gelegene Küstenstadt Palma zahlreiche Zivilisten und zerstörten weite Teile der städtischen Infrastruktur, darunter Banken, eine Polizeistation und Lebensmittellager. Daraufhin zog sich der französische Energiekonzern Total aus dem Afungi-Projekt zurück, einem der größten Energieprojekte im südlichen Afrika. Am 4. August brannten Extremisten eine Kirche und eine Grundschule in Niassa vollständig nieder. Am 15. Dezember 2021 enthaupteten Dschihadisten eine Person, brannten mehrere Hütten nieder und plünderten fünf Dörfer im Bezirk Macomia (Cabo Delgado).
Am 15. Januar 2022 überfielen Dschihadisten zum dritten Mal in einem Monat das Dorf Nova Zambezia im Bezirk Macomia (Cabo Delgado) und enthaupteten drei Männer. Mitte Februar wurden im Bezirk Nangade an der Grenze zu Tansania mehrere Dörfer überfallen und die Bewohner mehrere Tage lang festgehalten. Die Täter enthaupteten drei Menschen und plünderten die Häuser. Bei einem Angriff von IS-Kämpfern auf der Insel Matemo (Cabo Delgado) wurden sieben Soldaten getötet und viele weitere verletzt. Das IS-Sprachrohr Al-Naba meldete am 17. März, der IS verfolge mit diesem Angriff das Ziel, die Tourismusbranche in Mosambik zu zerschlagen.
Am 2. Juni berichtete Al-Naba über Angriffe, die IS-Kämpfer am 29. und 30. Mai auf drei christliche Dörfer im Bezirk Meluco (Cabo Delgado) verübt haben sollen. Die Dörfer wurden dem Bericht zufolge niedergebrannt. Am 19. Juni überfielen IS-Kämpfer das christliche Dorf Makaya im Bezirk Ancuabe (Cabo Delgado), enthaupteten zwei Menschen und steckten zwei Kirchen in Brand. Am 22. Juni brannten IS-Kämpfer das christliche Dorf Capani im Bezirk Ancuabe nieder. Am 23. Juni veröffentlichte Al-Naba einen Bericht, wonach Kämpfer des IS-Mozambique eigenen Angaben zufolge vom 4. bis 20. Juni 2022 zehn Militärkräfte und 23 christliche Zivilisten getötet haben. Bei den Aktionen wurden neun Kirchen und mehr als 250 Häuser in Brand gesteckt. Mehr als 11 000 Menschen wurden obdachlos. Am 24. Juni überfielen Kämpfer des IS-Mozambique die christlichen Dörfer Nambini und Nakoy im Bezirk Macomia und brannten mehrere Häuser und eine Kirche nieder. Am 26. Juni überfielen Kämpfer des IS-Mozambique das christliche Dorf Tandako im Bezirk Macomia. Ein Mensch wurde getötet, ein weiterer verletzt. Mehrere Häuser und eine Kirche wurden niedergebrannt. Am 27. Juni überfielen Kämpfer des IS-Mozambique das christliche Dorf Mahican im Distrikt Ancuabe. Sie ermordeten einen christlichen Bewohner.
Am 6. September wurde die 84-jährige katholische Ordensfrau Maria De Coppi von den Comboni-Missionaren in Chipene (Provinz Nampula) mit drei weiteren Personen brutal ermordet, weil sie sich nach Aussagen der Mörder „zu sehr für die Verbreitung des Christentums eingesetzt hat“. Die Angreifer zerstörten die Kirche, das Krankenhaus, die Grundschule und die weiterführende Schule der Mission.
Im Oktober überfielen IS-Kämpfer eigenen Angaben zufolge vier mehrheitlich von Christen bewohnte Dörfer im Norden der Provinz Cabo Delgado: die Gemeinden Nguida und Litandacua im Bezirk Macomia, die Gemeinde Mandava im Bezirk Muidumbe und die Gemeinde Ntoli im Bezirk Nangade.
Am 10. November 2022 kündigte IS-Mozambique in den sozialen Medien die Ausrufung eines Kalifats an und forderte Christen und Juden auf, zum Islam zu konvertieren oder Steuern zu entrichten, um ihr Leben zu retten.
Am 30. Dezember 2022 überfielen Dschihadisten zwei christliche Dörfer im Norden des Landes. Zwei Menschen wurden getötet, vier verletzt und viele weitere aus ihren Häusern vertrieben. IS-Mozambique bekannte sich dazu, ein „von Christen bewohntes Dorf“ angegriffen zu haben und mit „christlichen Milizen“ zusammengestoßen zu sein.
In Anbetracht der Machtlosigkeit der Sicherheitskräfte gegenüber den Extremisten haben viele muslimische und christliche Gemeinden eigene Bürgerwehren gegründet.
Perspektiven für die Religionsfreiheit
Die Terrorgruppe IS-Mozambique ist zwar nicht mehr in der Lage, im großen Stil zu agieren, aber sie bleibt weiter aktiv und setzt ihre tödlichen Angriffe fort, mit dem Ziel, ein Kalifat zu errichten. In der prekären Sicherheitslage, unter der sowohl Christen als auch Muslime leiden, ist die Religionsfreiheit massiv bedroht. Die Regierung, die von 24 Ländern und ausländischen Söldnern militärisch unterstützt wird, hat enorme Probleme, die Dschihadistengruppen zu bekämpfen und die Bürger des Landes, vor allem in der Provinz Cabo Delgado, zu schützen. Des Weiteren besteht die Sorge, dass IS-Mozambique seine Aktivitäten auf Nachbarländer wie Tansania ausweiten könnte.
Führende Vertreter der Christen und Muslime verurteilen immer wieder die Gewalt und bemühen sich um die Förderung des interreligiösen Dialogs mit dem Ziel, dem Dschihadismus die Legitimation zu entziehen. Doch das wird nicht ausreichen, wenn nichts gegen die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit getan wird, unter der vor allem die Jugend in den ärmeren Regionen leidet. Dies gilt vor allem für die nördlichen Provinzen, wo internationale Konzerne die reichhaltigen Bodenschätze ausbeuten, ohne dass die lokale Wirtschaft und die dort lebenden Menschen davon profitieren, und so einen Teufelskreis aus Armut, Frustration und Gewalt schüren. Die Perspektiven für die Gläubigen in Mosambik sind äußerst schlecht.