Gesetzeslage zur Religionsfreiheit und deren faktische Anwendung
Die liechtensteinische Verfassung erklärt die Römisch-Katholische Kirche zur Landeskirche und gewährt ihr in Artikel 37 den vollen Schutz des Staates. Derselbe Artikel garantiert daneben die Glaubens- und Gewissensfreiheit für alle Personen und gestattet anderen Konfessionen die Ausübung ihres Glaubens und die Abhaltung von Gottesdiensten, soweit dies mit den guten Sitten und der öffentlichen Ordnung vereinbar ist. Die Meinungsfreiheit (Artikel 40), die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit (Artikel 41) sowie die Gleichheit vor dem Gesetz (Artikel 31 Abs. 1) sind ebenfalls in der Verfassung garantiert. Der Genuss staatsbürgerlicher und politischer Rechte ist nicht vom religiösen Bekenntnis abhängig; ebenso wenig dürfen staatsbürgerliche Pflichten aufgrund des religiösen Bekenntnisses vernachlässigt werden (Artikel 39).
Ein Gesetz, das Religionsgemeinschaften eine staatliche Registrierung vorschreibt, gibt es in Liechtenstein nicht. Religionsgemeinschaften haben die Freiheit, private Vereine zu gründen, die ins Handelsregister eingetragen werden können. Dort registrierte Gemeinschaften sind berechtigt, für verschiedene Aktivitäten staatliche Fördermittel zu erhalten, darunter für das Angebot von Religionsunterricht in Schulen.
Die Leistungen, die die Römisch-Katholische Kirche erhält, werden vom Staat und von den Gemeinden erbracht, wobei der Betrag je nach Gemeinde variiert. Priester sind als Gemeindebedienstete eingestuft. Der Staat und die Gemeinden unterstützen daneben auch die Evangelisch-Reformierte Kirche und die Evangelisch-Lutherische Kirche finanziell.
Religionsunterricht steht in öffentlichen Grundschulen und Sekundarschulen auf dem Stundenplan. In Grundschulen ist katholischer oder evangelischer Religionsunterricht Pflicht; allerdings können Eltern beim Schulamt eine Ausnahme beantragen. Islamischer Religionsunterricht wird in Grundschulen als Wahlfach angeboten. Die Lehrer für katholischen, evangelisch-reformierten und islamischen Religionsunterricht werden von den jeweiligen Religionsgemeinschaften gestellt; ihre Gehälter werden ganz oder teilweise vom Schulamt übernommen.
Schüler der Sekundarstufe bzw. deren Eltern haben beim Religionsunterricht die Wahl: Sie können sich entweder für katholischen Religionsunterricht entscheiden, der staatlich finanziert und von der katholischen Religionsgemeinschaft organisiert wird; oder sie wählen ein allgemeineres Unterrichtsfach, das die Themen Religion und Kultur aus einer soziologischen Perspektive beleuchtet.
Das Strafgesetzbuch von Liechtenstein verbietet die öffentliche Aufstachelung zu Hass oder zu Diskriminierung gegen Einzelpersonen oder Religionsgemeinschaften, wie in Abschnitt 8 „Straftaten gegen den Religions- und Totenfrieden“ dargelegt. Daneben verbietet das Strafgesetz die Verweigerung des Dienstes an einer Person oder Personengruppe aufgrund ihrer religiösen Zugehörigkeit sowie die Mitgliedschaft in einer Vereinigung, die die Diskriminierung von religiösen Gruppen oder Einzelpersonen fördert.
Das Schlachten von Tieren ohne Betäubung ist gesetzlich verboten. Somit sind rituelle Schlachtungen zur Herstellung von Koscher- und Halal-Fleisch in Liechtenstein illegal (Art. 20, Abs. 1 und 2, Tierschutzgesetz). Die Einfuhr von koscherem oder Halal-Fleisch ist jedoch legal.
Vorfälle und Entwicklungen
Nach offiziellen, von der liechtensteinischen Polizei an das OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (OSZE-ODIHR) bereitgestellten Daten wurden im Jahr 2021 sieben Hassverbrechen in Liechtenstein verübt. In zwei dieser Fälle wurde strafrechtlich ermittelt, wobei es in einem Fall zu einem Gerichtsurteil kam. Für das Jahr 2022 liegen keine Daten vor. Die genannten Straftaten entsprechen der Definition von „Hassverbrechen“, wie sie in Paragraf 283 des liechtensteinischen Strafgesetzbuchs dargelegt ist. Ob sie als Angriffe auf die Religions- oder Glaubensfreiheit oder durch andere, nicht damit in Zusammenhang stehende Faktoren motiviert waren, lässt sich jedoch nicht feststellen.
In einer Petition mit dem Titel „Gleichberechtigung für Muslime“, die im August 2021 beim liechtensteinischen Parlament eingereicht wurde, forderte die Islamische Gemeinschaft Liechtensteins den Bau eines islamischen Friedhofs und einer Gebetsstätte. Nach einer ersten, positiven Reaktion auf die Petition leitete das Parlament diese im September 2021 zur Entscheidung an die Regierung weiter.
Im Gegensatz zur Katholischen Kirche und den Protestantischen Kirchen erhielten die drei muslimischen Verbände, die in dem Land aktiv sind, bislang keine direkte finanzielle Unterstützung von der Regierung, da sie, wie das Außenministerium erklärte, nicht in einem „Dachverband“ organisiert seien, wie er von den Behörden gefordert werde.
Perspektiven für die Religionsfreiheit
Die Religionsfreiheit wird im konfessionellen Liechtenstein ordnungsgemäß garantiert und durchgesetzt. Wird diese Linie beibehalten, bleiben auch die Aussichten für die Religionsfreiheit im Land positiv.