Gesetzeslage zur Religionsfreiheit und deren faktische Anwendung
In der honduranischen Verfassung – in deren Präambel der Schutz Gottes erbeten wird – ist das Recht auf freie Religions- und Glaubensausübung ohne Bevorzugung bestimmter Bekenntnisse verankert, solange nicht gegen das Gesetz verstoßen oder die öffentliche Ordnung gestört wird. Dieses Recht darf auch in Notsituationen nicht ausgesetzt oder eingeschränkt werden.
Gemäß Artikel 77 dürfen Geistliche weder „öffentliche Ämter bekleiden noch politische Propaganda treiben, indem sie sich auf religiöse Gründe berufen oder [...] sich die religiösen Überzeugungen des Volkes zunutze machen.“
Mit Artikel 78 und 79 werden die Vereinigungs- und die Versammlungsfreiheit unter der Voraussetzung gewährleistet, dass weder die öffentliche Ordnung gestört noch gegen die guten Sitten verstoßen wird.
Artikel 151 besagt, dass „die nationale Bildung säkular“ sein muss, und Artikel 152 erkennt Eltern das Recht zu, die Art der Bildung für ihre Kinder zu wählen.
Eine Registrierungspflicht besteht für Religionsgemeinschaften in Honduras nicht. Die Katholische Kirche ist als einzige Kirche im Land per Gesetz anerkannt.
Nichtregistrierte Gemeinschaften können ihren Tätigkeiten nachgehen, haben aber keinen Anspruch auf Steuerbefreiungen oder andere Vergünstigungen. Die Rechtspersönlichkeit können Religionsgemeinschaften beim Staatssekretariat für Menschenrechte, Justiz, Regierungsführung und Dezentralisierung beantragen. Der Antrag muss daraufhin noch vom Büro des Generalstaatsanwalts geprüft werden. Anerkannte Organisationen müssen jährlich einen Bericht vorlegen, der Auskunft über ihre Finanzen und Aktivitäten gibt. Ferner können sie beim Finanzministerium Steuer- und Zollbefreiungen beantragen.
Ausländische Missionare müssen eine Trägerinstitution in Honduras vorweisen können und eine Einreise- und Aufenthaltsgenehmigung vorlegen. Mit der Confraternidad Evangélica de Honduras (Evangelikale Bruderschaft von Honduras), den Mormonen und den Siebenten-Tags-Adventisten hat der Staat Abkommen geschlossen, um die Einreise- und Aufenthaltsformalitäten für deren Missionare zu vereinfachen. Gemeinschaften, die kein derartiges Abkommen mit dem Staat haben, müssen Beschäftigungs- und Einkommensnachweise für ihre Missionare erbringen. Ausländische Missionare, die mit Hexerei oder satanistischen Ritualen arbeiten, dürfen nicht nach Honduras einreisen.
Honduras gehört zu den Unterzeichnern des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte sowie der Iberoamerikanischen Jugendkonvention, die das Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen anerkennen.
Der honduranische Staat erkennt ausschließlich zivile Eheschließungen an. Gemäß Artikel 13 des honduranischen Familiengesetzbuchs kann ein Geistlicher einer beliebigen Religionsgemeinschaft strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, wenn er eine religiöse Heirat genehmigt, ohne dass zuvor eine standesamtliche Trauung vollzogen wurde.
Den Siebenten-Tags-Adventisten zufolge wird in manchen Bildungseinrichtungen (sowohl Schulen als auch Universitäten) ihr Recht auf Einhaltung der Sabbatruhe nicht respektiert.
Gemäß Artikel 228 der honduranischen Strafprozessordnung sind Geistliche, „die in Honduras wirken dürfen, nicht verpflichtet, eine Aussage zu vertraulichen Informationen oder Geheimnissen zu machen, von denen sie im Rahmen der Ausübung ihres Amtes Kenntnis erlangt haben und die sie nicht preisgeben dürfen.“ Darüber hinaus sind sie über ihr Zeugnisverweigerungsrecht – bzw. im Falle einer Aussage über ihr Recht, einzelne Fragen nicht zu beantworten – zu belehren.
Vorfälle und aktuelle Entwicklungen
Honduras gehört nach wie vor zu den ärmsten Ländern der westlichen Hemisphäre und wird von Banden drangsaliert, die von lokalen Straßenbanden bis hin zu internationalen Drogenhändlernetzwerken (z. B. MS-13, 18th Street Gang) reichen, deren Mitgliederzahlen „in die Zehntausende“ gehen.
In Honduras spielen die Katholische Kirche und evangelikale Religionsgemeinschaften im zivilgesellschaftlichen Leben eine wichtige Rolle. Insbesondere zahlreiche evangelikale Gemeinschaften haben „beträchtlichen sozialen Einfluss auf die Bevölkerung, vor allem in den sogenannten Barrios.“ Oft fungieren sie als „entscheidender Vermittler zwischen den Banden und dem Staat“ und zeigen auch einen „Weg für die Wiedereingliederung von Bandenmitgliedern in die Zivilgesellschaft“ auf.
Im Oktober 2021 gab die Asociación para una sociedad más justa (ASJ; Vereinigung für eine gerechtere Gesellschaft) eine Erklärung ab, in der sie die Reform des Sondergesetzes gegen Geldwäsche verurteilte. Mit der Änderung hatte der honduranische Kongress das Gesetz auch auf Organisationen der Zivilgesellschaft (z. B. Medien, Journalisten, religiöse Organisationen, Universitäten etc.) ausgeweitet, die Korruptionsfälle untersuchen, thematisieren und ans Licht bringen. Die ASJ stellte in ihrer Erklärung fest, dass die Legislative mit dieser Gesetzesreform eindeutig gegen die Bestimmungen der Financial Action Task Force (FATF) und des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption verstoße und ihre Absicht deutlich mache, „Organisationen zu bedrohen, zu verfolgen und zu nötigen, die sich in den letzten Jahren als einzige Bastion gegen Korruption erwiesen haben.“
Im Oktober 2021 nahm der Kongressabgeordnete José Tomás Zambrano (Departemento Valle) einen Antrag wieder auf, mit dem die tägliche Bibellektüre in öffentlichen Schulen eingeführt werden sollte. Diese Initiative erntete Kritik, da sie gegen Artikel 151 der Verfassung verstößt, dem zufolge die öffentliche Bildung säkular sein muss.
Im Januar 2022 wurde der Amtsantritt der gewählten Staatspräsidentin Iris Xiomara Castro Sarmiento von einer Zeremonie begleitet, der ein Besuch in der Kleinen Basilika Unserer Lieben Frau von Suyapa vorausging. Eine Anrufung Gottes, die normalerweise in diesem Rahmen von katholischen und evangelikalen Geistlichen (als Vertreter der wichtigsten Religionen des Landes) durchgeführt wird, war jedoch nicht vorgesehen.
Am 2. März 2022 (Aschermittwoch) wurde der Diözesanleiter der Päpstlichen Missionswerke von San Pedro Sula, Pater Enrique Vásquez Cálix, erschossen. Als Motiv wurde ein Raubüberfall vermutet, doch gab es auch Hinweise, die auf einen anderen Grund hindeuteten. Im Januar 2022 war bereits der indigene Führer und katholische Pastoralreferent Pablo Hernández erschossen worden.
Im März 2022 reichte die Sekretärin für Menschenrechte, Natalie Roque, bei der Staatsanwaltschaft eine Klage gegen Pastor Roy Santos wegen Verletzung der Rechte des Volkes der Lenca ein. Nach Angaben des Sekretariats hatte der Pastor im Zusammenhang mit der Amtseinführung von Präsidentin Xiomara Castro, an der Vertreter indigener und afro-honduranischer Völker teilgenommen hatten, eine rassistische und frauenfeindliche Hassrede gehalten.
Im Zusammenhang mit der Kontroverse, die durch das von vielen Religionsgemeinschaften abgelehnte Vorhaben ausgelöst wurde, die gleichgeschlechtliche Ehe anzuerkennen, betonte die Kongressabgeordnete Beatriz Valle im Mai 2022, dass Honduras ein säkularer Staat sei und die Kirche sich daher nicht in Regierungsangelegenheiten einmischen solle.
Im selben Monat demonstrierten Dutzende Frauen für Gesundheits- und Sexualaufklärung und die Legalisierung von Notfallverhütungsmitteln zum Verhindern ungewollter Schwangerschaften. In einer Erklärung beklagten die Demonstrantinnen, dass religiöse und konservative Organisationen in Honduras weiterhin „eine Stimme bei Regierungsentscheidungen“ hätten.
Am 20. Oktober 2022 empfing Papst Franziskus die honduranische Präsidentin Xiomara Castro. Im Anschluss an ihr privates Treffen mit dem Papst kam die Präsidentin mit dem Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und dem Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten und internationalen Organisationen, Monsignore Paul Richard Gallagher, zusammen. Gesprächsthemen waren unter anderem der Klimawandel und der Kampf gegen die Armut sowie das anhaltende Engagement für das Gemeinwohl und die Versöhnung innerhalb der Nation. Abschließend wurde Anerkennung im Hinblick auf die guten bilateralen Beziehungen geäußert und das Interesse bekundet, diese durch ein Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem honduranischen Staat zu stärken.
Perspektiven für die Religionsfreiheit
Honduras hat mit zahlreichen Herausforderungen wie Korruption, Armut und einem hohen Maß an Gewalt zu kämpfen. Katholische und evangelikale Glaubensgemeinschaften sind in vielen Bereichen der Zivilgesellschaft präsent und engagieren sich auch in hochgefährlichen Gegenden mit starker Bandenaktivität. Im Berichtszeitraum war zunehmend eine Stimmung der Intoleranz seitens bestimmter politischer und gesellschaftlicher Gruppen gegenüber traditionellen Kirchen und ihrem Einfluss im öffentlichen und politischen Raum zu bemerken.
Obwohl das Recht auf Religionsfreiheit in Honduras anerkannt und allgemein respektiert wird, deuten die sich verschlechternde gesellschaftliche Situation und deren Auswirkungen auf die Menschenrechte darauf hin, dass die Zukunftsperspektiven für die Religionsfreiheit negativ sind.