Gesetzeslage zur Religionsfreiheit und deren faktische Anwendung
Die Republik Ghana ist eines der stabilsten Länder in Westafrika, sowohl was die Achtung der grundlegenden Menschenrechte angeht als auch in Bezug auf die wirtschaftliche und politische Entwicklung.
Gemäß Artikel 12, Absatz 2 der Verfassung „genießt jeder Mensch in Ghana, unabhängig von ethnischer Herkunft, Herkunftsort, politischer Einstellung, Hautfarbe, Religion, Glaube oder Geschlecht das Recht auf Achtung der grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten des Einzelnen“. Artikel 21, Absatz 1c garantiert die „Freiheit, jede Religion auszuüben und zu praktizieren“.
Religionsgemeinschaften müssen sich staatlich registrieren lassen. Obwohl dies mit einer Reihe von Steuerbefreiungen einhergeht verzichtet ein Großteil der Gemeinschaften auf die Registrierung. Eine Nichtregistrierung wird nicht geahndet.
Der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ist verpflichtend und Schüler können sich nicht davon befreien lassen. Sowohl christliche als auch muslimische Elemente sind Bestandteil des Lehrplans. Islamische Bildung wird von einer Sonderstelle des Bildungsministeriums koordiniert. Religiöse Privatschulen sind erlaubt, müssen sich aber an die vom Ministerium vorgegebenen Lehrpläne halten. Dies gilt nicht für internationale Schulen.
Mehr als zwei Drittel der ghanaischen Bevölkerung sind Christen, während Muslime – überwiegend Sunniten – einen relativ kleinen Teil der Bevölkerung ausmachen. Islamischer Extremismus ist in Ghana selten.
Ghana gilt schon lange Zeit als beispielhaft für die friedliche Koexistenz von Christen und Muslimen in Westafrika. Präsident Nana Akufo-Addo, ein Christ, und Vizepräsident Mahamudu Bawumia, ein Muslim, betonen immer wieder öffentlich, wie wichtig das friedliche Zusammenleben verschiedener Religionsgemeinschaften ist.
Vorkommnisse und aktuelle Entwicklungen
Ghana wird schon lange als Stabilitätsanker in Westafrika betrachtet, während andere Staaten – insbesondere Anrainerstaaten wie Burkina Faso, Togo oder die Elfenbeinküste – zunehmend durch terroristische Gruppen, die sich von der Sahelzone aus Richtung Küstenstaaten ausbreiten, bedroht sind.
Nach Angaben des Westafrikanischen Zentrums für Terrorismusbekämpfung (WACCE) kommt es in „über 53%“ der Mitgliedsstaaten der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft zu „aufständische Bewegungen“ und aufgrund des „überall wahrnehmbaren Ausstrahleffekts gilt die Lage in den ghanaischen Grenzgebieten inzwischen als besorgniserregend“. Terrorismusexperten merken an, dass die Grenzgebiete zwischen Ghana und „der Region Cascades von Burkina Faso sowie der nördlichen Elfenbeinküste extrem gefährdet sind“. Im Jahr 2021 wurden in der burkinischen Region Cascades eine Vielzahl von neuen Einheiten der Dschamāʿat Nusrat al-Islām wa-l-Muslimīn (Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime - JNIM) und des sogenannten Islamischen Staates in der Großsahara (IGS) gegründet.
Diese Organisationen rekrutieren auch weiterhin in Ghana. Schätzungen zufolge sind schon „zwei- bis dreihundert junge Menschen in verschiedene Einheiten der JNIM oder des IGS aufgenommen worden“. Nachdem sie ein Trainingscamp in der Sahelzone durchlaufen haben, werden die jungen Rekruten in ihre Heimatdörfer zurückgeschickt, insbesondere um dort weitere Menschen religiös zu bekehren.“ Fast 40% der von Armut betroffenen Menschen in Ghana leben im Norden des Landes, wo „Viehdiebstahl und illegale Goldgräberei“ an der Tagesordnung ist. Daher sind diese Gebiete schon heute durch ein hohes Maß an Banditentum geprägt, und die Versuchung, sich anzuschließen, ist groß.
Angesichts der Zunahme dschihadistischer Aktivitäten und möglicher Ausstrahleffekte besonders im Norden Ghanas, in dem mehrheitlich Muslime leben, sind die Behörden dort in erhöhter Alarmbereitschaft. Es kam zu „über 40 Festnahmen im Zusammenhang mit Terrorismus“ durch ghanaische Sicherheitsbehörden, die seit fünf Jahren „regelmäßig Informationen mit Partnern in der Region über geplante oder mögliche Anschläge im Land“ austauschen.
Da internationale terroristische Gruppen dafür bekannt sind, innenpolitische Spannungslagen zu manipulieren und auszunutzen, zeigten die Behörden sich besorgt, dass die Auseinandersetzungen über Clan-Nachfolgen und die hohe Arbeitslosigkeit in Ghana ein fruchtbarer Nährboden für derartige Aktivitäten sein könnten.
Extremistische Gruppen finden auch bei jungen Muslimen offenbar einen gewissen Anklang. Dies führt wiederum dazu, dass gemäßigte Gläubige unter Generalverdacht gestellt würden, wie viele Muslime in Ghana beklagen: Sie würden als „potenzielle Terroristen verteufelt“ würden, muslimische Frauen stehen wegen ihrer Kleidung in der Kritik. Die jungen Menschen berichten, dass man sie in Schulen und am Arbeitsplatz am Gebet hindere, und dass ihre Religion oft mit Gewalttätigkeit assoziiert werde. Sie geben an, dass sie ein Gefühl mangelnder Zugehörigkeit erleben, nicht nur hinsichtlich der christlichen Gemeinschaft, sondern auch innerhalb der muslimischen Gemeinschaft.
Nachdem zwei heranwachsende junge Männer wegen des Verdachts der rituellen Tötung eines zehnjährigen Kindes festgenommen worden waren, bezeichnete Erzbischof Philip Naameh aus Tamale, der Vorsitzende der Katholischen Bischofskonferenz von Ghana, diese Praktiken am 12. April 2021 als „eine nationale Bedrohung für die Sicherheit“.
Am 11. August 2021 wurde auf Initiative des Global Freedom Network der Menschenrechtsorganisation Walk Free eine „Gemeinsame Erklärung religiöser Oberhäupter gegen die moderne Sklaverei“ von 14 Vertretern verschiedener Kirchen in Ghana, der Demokratischen Republik Kongo, Nigeria und der Elfenbeinküste unterzeichnet. Laut Angaben von Agenzia Fides ist dies die „achte Erklärung dieser Art seit 2014, als Papst Franziskus und der (irakische) Großayatollah Mohammad Taqi al-Modarresi und andere Oberhäupter großer Weltreligionen in einer gemeinsamen Erklärung dazu aufgerufen haben, die moderne Sklaverei endgültig auszumerzen.“ Scheich Armiyawo Shaibu, Sprecher des Obersten Imams von Ghana, sagte, dass diese Verbrechen von allen Religionen gleichermaßen verurteilt würden.
Im Mai 2022 forderte der Minister für nationale Sicherheit, Albert Kan-Dapaah, eine Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen, da es so aussehe, als sei Ghana „Zielscheibe“ der in der Region tätigen Terroristen. Präsident Akufo-Addo mahnte, dass die Länder der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) ebenso der Terrorismusgefahr ausgesetzt seien.
Das Hohe Gericht von Ghana urteilte in einem Verfahren zugunsten eines jungen Rastafaris, dem die Aufnahme in der Schule, die er besuchen wollte, verweigert worden war. Das Gericht äußerte sich zwar nicht zu der Frage, ob der Rastafarianismus eine Religion sei oder nicht, bekräftigte jedoch das Prinzip, dass jeder Ghanaer und jede Ghanaerin ein verfassungsgemäßes Recht darauf haben, ihre Religion offen zu bekennen.
Während des Eid-al Fitr (Fest des Fastenbrechens) im Mai 2022 erklärte Vizepräsident Mahamudu Bawumia, dass die Beziehungen zwischen Muslimen und Christen gut und von gegenseitigem Respekt geprägt seien. Es war das erste Mal seit Einführung der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020, dass Muslime sich wieder in größerer Zahl versammeln konnten. Der Vizepräsident äußerte sich auch anerkennend zum Beitrag religiöser Organisationen zur Entwicklung des Landes.
Am 23. April 2022 lobte Erzbischof Philip Naameh aus Tamale die Rolle aller ethnischen Gruppen Ghanas für die Entwicklung der Kultur und des Nationalgefühls. Er rief zur Einigkeit auf und appellierte an religiöse Verantwortliche, gemeinsam an der Verbesserung des Zusammenlebens der Religionen zu arbeiten. Während des Osterfestes rief die Katholische Bischofskonferenz von Ghana zum Frieden auf und verurteilte Krieg und Konflikthandlungen.
Ein gutes Beispiel für friedliche Koexistenz war der „Nationale Dialog“ zwischen muslimischen und katholischen Vertretern in Accra im Mai 2022. Die Bischofskonferenz und das Büro des Obersten Imam hatten die Veranstaltung gemeinsam ausgerichtet, mit dem Ziel, die Beziehungen zwischen den beiden Gemeinschaften zu vertiefen.
Am 7. Oktober bemerkte der Vorsitzende der Ghanaischen Bischofskonferenz, Erzbischof Philip Naameh, dass die Zunahme der Gewalt in der Sahelzone mit „verstärktem Extremismus, geschwächten nationalen Institutionen und schwindenden nationalen Ressourcen“ im Zusammenhang stehe. „Armut und zunehmende Ungleichheit haben eine Kultur der Hoffnungslosigkeit genährt“, fügte er hinzu, und dies habe „dazu geführt, dass viele junge Menschen sich für gewalttätige Aktivitäten haben rekrutieren lassen, wodurch die Länder der Sahelzone einem Risiko externer Angriffe ausgesetzt sind.“ Er schloss damit, dass es „dringend erforderlich sei, dass die afrikanischen Regierungen dafür sorgen, dass alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen von Entwicklungen profitieren, um ein Gefühl von Diskriminierung und Exklusion unter den Bürgern zu vermeiden und Frieden und sozialen Zusammenhalt zu stärken“.
Am 3. November 2022 unterstützte die Bischofskonferenz im Parlament zwei Gesetzesentwürfe zur Änderung des Strafgesetzes von 1960 (Artikel 29) und des Gesetzes über die Streitkräfte von 1962 (Artikel 105), die anstatt der Todesstrafe lebenslange Haftstrafen vorsehen.
Am 11. November 2022 veröffentlichte die Bischofskonferenz ein sechsseitiges Statement zu den Herausforderungen, vor denen Ghana weiterhin steht, um die Aufmerksamkeit auf die Nöte des Landes zu lenken. Zu diesen gehörten „sozioökonomische Herausforderungen, die ruinöse Parteipolitik in Ghana, Bestechung und Korruption, das illegale Goldgeschäft und der langwierige Konflikt um Bawku.“ Ein Jahr nach Veröffentlichung ihres letzten Statements im November 2021 nannten es die Bischöfe „beklagenswert, dass sich die Situation im letzten Jahr sogar noch verschlimmert hat.“
Am 21. November 2022 appellierte der katholische Bischof von Jasikan, Gabriel Akwasi Abiabo Mante, an traditionelle Führer in den Regionen Oti und Volta, „entschlossen und kompromisslos“ Stellung gegen den Abbau von Eisenerz und anderer Mineralien zu nehmen. Der Bischof erklärte, dass die Realität gezeigt habe, dass der Bergbau, auch wenn er Arbeitsplätze schaffe, dazu führe, „dass die Lebensqualität der Menschen leidet, weil ihnen der Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen verwehrt wird. Dies führt zu Hunger und den damit zusammenhängenden Problemen.“
In einer Erklärung vom 1. Dezember 2022 verlieh die Bischofskonferenz ihrer Sorge um den Abwärtstrend bei den Mitgliederzahlen der katholischen Kirche in Ghana Ausdruck, die „von 15,1% bei der Zählung im Jahr 2000 auf 13,1% im Jahr 2010 und auf nur noch 10% bei der Zählung von 2021“ gesunken sind. Die Bischöfe erklärten, dass „es bei der aktuellen Verlustrate von 3,1% pro Jahrzehnt bis 2060 bei null angelangt sind, sollte der Trend fortbestehen.“
Perspektiven für die Religionsfreiheit
Obwohl die Religionsfreiheit in Ghana gesetzlich anerkannt ist, respektiert und gelebt wird, ist sowohl dieses Recht als auch das friedliche Zusammenleben durch die wachsende Unsicherheit im Norden des Landes gefährdet, insbesondere durch ein Übergreifen der dschihadistischen Aktivitäten aus den Nachbarländern. Die Aussichten für die Zukunft der Religionsfreiheit in Ghana sind positiv, sollten aber beobachtet werden.