Gesetzeslage zur Religionsfreiheit und deren faktische Anwendung
Gemäß der Verfassung aus dem Jahr 2006 ist die Demokratische Republik Kongo (DR Kongo) ein säkularer Staat, der religiösen Pluralismus respektiert. Jegliche Form von Diskriminierung aufgrund der ethnischen Abstammung, der Religionszugehörigkeit oder der persönlichen Ansichten ist verboten (Artikel 13). Jeder hat das Recht, seine Religion im öffentlichen wie im privaten Raum frei zu bekunden (Artikel 22). Religionsgemeinschaften haben die Freiheit, Gotteshäuser zu errichten und sich im In- und Ausland Mittel zur Finanzierung ihrer Arbeit zu beschaffen. Darüber hinaus steht es allen Glaubensgemeinschaften frei, Mission zu betreiben; dazu gehört auch die religiöse Unterweisung von Kindern. Manche Prediger gehen ihrer missionarischen Tätigkeit sogar auf Marktplätzen, an Straßenkreuzungen oder in öffentlichen Bussen nach.
Religionsunterricht ist in den Schulen der DR Kongo fester Bestandteil des Lehrplans. In der Verfassung heißt es: „Die staatlichen Bildungseinrichtungen können für minderjährige Schüler, deren Eltern dies fordern, in Zusammenarbeit mit den religiösen Autoritäten eine ihren religiösen Überzeugungen entsprechende Bildung gewährleisten.“
Im Jahr 1977 schloss die Regierung der Republik Zaire (wie das Land damals hieß) mit der katholischen Kirche, der evangelischen Kirche, der Kimbanguistenkirche und der islamischen Gemeinschaft die Convention scolaire (Schulvereinbarung). Im Jahr 2016 unterzeichnete die DR Kongo ein Rahmenabkommen mit dem Heiligen Stuhl über Angelegenheiten von gemeinsamen Interesse; darunter fallen u. a. Einrichtungen des katholischen Bildungswesens; Religionsunterricht in den Schulen; soziale und karitative Aktivitäten der Kirche; Seelsorge in Justizvollzugsanstalten, Krankenhäusern und der Armee; Regelungen der Grundsteuer; sowie die Erlangung von Einreisevisa und Aufenthaltsgenehmigungen für ausländische Mitarbeiter.
In der DR Kongo fungieren zahlreiche Religionsgemeinschaften als Träger verschiedenster Institutionen: Schulen, Gesundheitszentren und Waisenhäuser gehören ebenso dazu wie Medienbetriebe. So sind zum Beispiel die meisten Fernseh- und Radiosender in Kinshasa in kirchlicher Hand.
Obwohl das Staatswesen säkular ist, spielen die Conférence épiscopale nationale du Congo (CENCO; Nationale Bischofskonferenz des Kongo) und der Conseil œcuménique des Eglises (COE; Ökumenischer Rat der Kirchen) eine wichtige Rolle in politischen Belangen und haben ein besonderes Augenmerk auf die Bereiche Soziales, Bildung und Wirtschaft.
Vorfälle und aktuelle Entwicklungen
Im Berichtszeitraum war der Osten der DR Kongo weiterhin von Terrorismus betroffen, der mit Entführungen, Gräueltaten und Tötungen einherging. Vor allem im Territorium Beni kam es auch zu Massenvertreibungen. Insgesamt sind im östlichen Grenzgebiet des Landes über 100 verschiedene Milizen aktiv; wiederholte Anschläge auf religiöse Führer und Zivilisten gehen jedoch überwiegend von der muslimischen Rebellengruppe Allied Democratic Forces (ADF; Alliierte Demokratische Kräfte) aus. Diese bewaffnete Gruppe, deren Kämpfer größtenteils aus Uganda und der DR Kongo stammen, hat im Jahr 2019 dem sogenannten Islamischen Staat (IS) die Treue geschworen. Das US-Außenministerium stufte die ADF im Jahr 2021 als IS-Mitgliedsorganisation und ausländische terroristische Vereinigung ein. Ihre Aktionen haben verheerende Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung. Nach Informationen der in der DR Kongo stationierten UN-Friedenstruppen (MONUSCO) hat „die ADF 2021 über 1.300 Zivilisten getötet, beinahe 50 % mehr als 2020.“ Die Vereinten Nationen machen die ADF für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich, darunter „Tötungen von Zivilisten, Entführungen sowie den Einsatz von Kindersoldaten.“
Nach Angaben des Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCRA) „gibt es in Nord-Kivu 1,8 Millionen Binnenvertriebene und in Ituri 1,7 Millionen, darunter unverhältnismäßig viele Frauen und Kinder.“ Mit insgesamt über fünf Millionen Vertriebenen gehört die DR Kongo laut OCRA zu den Ländern in Afrika mit den meisten Binnenflüchtlingen.
Im Berichtszeitraum gab es zahlreiche Angriffe auf Soldaten und Zivilisten (von denen viele der ADF zugeschrieben werden, obwohl die militante Gruppe sich selten öffentlich zu Anschlägen bekennt); die folgende Liste der Vorfälle ist daher lediglich repräsentativ:
Am 5. Januar 2021 wurden bei einem nächtlichen Überfall mutmaßlicher ADF-Extremisten auf ein Dorf im Osten der DR Kongo mindestens 22 Zivilisten getötet. In der Woche zuvor waren in einem nahegelegenen Dorf bereits 17 Menschen getötet worden.
Den Angaben eines hochrangigen Provinzbeamten zufolge wurden am 14. Januar 2021 46 Zivilisten bei einem Angriff mutmaßlicher ADF-Kämpfer auf ein Dorf im Osten des Landes getötet.
Ebenfalls im Osten der DR Kongo kamen am 7. Februar 2021 mindestens zwölf Bauern ums Leben, als mutmaßliche ADF-Kämpfer das Dorf Mabule überfielen.
Am 9. Februar 2021 wurden bei einem der ADF zugeschriebenen Anschlag in Kithovirwa zehn Menschen getötet.
Am 15. Februar 2021 töteten mutmaßliche ADF-Islamisten drei Soldaten und 13 Zivilisten und brannten eine katholische Kirche nieder.
Am 16. Februar 2021 töteten mutmaßliche Mitglieder der ADF-Miliz im Osten der DR Kongo mindestens zehn Menschen.
Am 24. März 2021 überfielen bewaffnete Männer, die als ADF-Rebellen identifiziert wurden, das Dorf Aveyi (etwa 15 km von Oicha, der Hauptstadt des Territoriums Beni, entfernt) und töteten acht Menschen. Außerdem nahmen sie 20 Zivilisten als Geiseln.
Am 30. und 31. März 2021 wurden bei Anschlägen mutmaßlicher ADF-Kämpfer auf die Dörfer Moliso, Beu-Manyama und Musangwa im Territorium Beni (Provinz Nord-Kivu) 29 Zivilisten getötet und 50 weitere entführt.
Am 7. April 2021 veröffentlichten die katholischen Bischöfe im Nachgang zu einer Informationsreise einer gemeinsamen Delegation der Bischofskonferenz der DR Kongo und der Association des Conférences Episcopales de l’Afrique Centrale (ACEAC; Vereinigung der Bischofskonferenzen Zentralafrikas) im Januar ein Kommuniqué, in dem sie an die Führung des Landes appellierten, die politische, militärische und humanitäre Strategie neu auszurichten. Dabei wiesen die Bischöfe auch auf den religiösen Aspekt des Konflikts im Gebiet Beni-Butembo (Provinz Nord-Kivu) hin und hoben „die Islamisierung der Region als eine Art erweiterte Strategie für eine langfristige negative Einflussnahme auf die allgemeine politische Situation des Landes“ hervor. Die Bischöfe zitierten Aussagen von Menschen, denen die Flucht aus der Gefangenschaft der islamistischen ADF-Miliz gelungen war und die bestätigten, „dass man sie gezwungen hatte, zum Islam zu ‚konvertieren‘.“
Am 30. April 2021 rief Präsident Félix Tshisekedi in den Provinzen Nord-Kivu und Ituri den Belagerungszustand aus. Einige Stunden später überfielen bewaffnete Kämpfer zwei Dörfer in den östlichen Provinzen und töteten dabei 19 Menschen.
Am 1. Mai 2021 wurde der Vorsitzende der Communauté Islamique du Congo (COMICO; Islamische Gemeinschaft des Kongo), Scheich Ali Amini, während eines Gottesdienstes in der Hauptmoschee in Beni von Mitgliedern einer nicht identifizierten bewaffneten Gruppe erschossen. Der Geistliche war für seine kritische Haltung gegenüber islamischer Militanz bekannt. Obwohl sich keine Gruppierung zu der Tat bekannte, konzentrierten sich die Verdachtsmomente auf die ADF. Die Ermordung des Scheichs während des Fastenmonats Ramadan war ein Schock für die Stadt Beni. Einige Wochen später wurde eine weitere Führungspersönlichkeit der Muslime im Land getötet: Scheich Djamali Moussa wurde in Mavivi von einem unbekannten Täter ermordet, als er nach dem Abendgebet von der Moschee zu seinem Haus zurückkehrte. Beide Imame waren bekannt „für ihre regelmäßigen Warnungen im Hinblick auf die Bewegung der Alliierten Demokratischen Kräfte (ADF) in der Region.“
Am 6. Mai 2021 prangerte Bischof Paluku Sikuli Melchisédech aus der Diözese Butembo-Beni in einem Interview mit Kirche in Not die Unwirksamkeit der Reaktionen seitens der Regierung und der UN-Truppen auf den anhaltenden Terrorismus im Osten des Landes an: „Terroristen vertreiben die einheimische Bevölkerung aus ihren Häusern, während Kriminelle völlig unbehelligt mit der Ausbeutung der Bodenschätze des Kongo Handel treiben.“ Der Bischof stellte weiterhin fest: „Es gibt einen großen Plan, die lokale Bevölkerung zu islamisieren oder zu vertreiben.“ Zur Verdeutlichung führte er aus: „Alle, die von diesen Terrorgruppen entführt wurden und ihnen lebend entkommen sind, berichten dasselbe. Sie wurden vor die Wahl gestellt – zwischen dem Tod und dem Übertritt zum Islam. Man gibt ihnen muslimische Namen, um ihre Identität zu festigen.“ Schließlich machte der Bischof auch auf finanzielle Interessen in der Region und die Rolle Ruandas aufmerksam und erklärte: „Es liegt klar auf der Hand, dass die Islamisierung nicht ihr einziger Beweggrund ist. Diese Region ist reich an Bodenschätzen, die vollkommen illegal ausgebeutet werden. Wie sonst lassen sich die Coltan-Raffinerien erklären, die in Ruanda in Betrieb sind, obwohl das Land nichts von diesem Rohstoff besitzt? Stattdessen wird dieses seltene Mineral in unserer Region gewonnen und illegal auf die andere Seite der Grenze exportiert. Ich kann nicht erkennen, dass sich die kongolesische Regierung darüber Gedanken machen würde.“
Am 13. Mai 2021 wurde der Fastenmonat Ramadan von Gewalt überschattet, als rivalisierende Gruppen über Fragen der Führungsnachfolge innerhalb der muslimischen Gemeinschaft und über das Recht, das Fest des Fastenbrechens (Eid al-Fitr) in einem Sportstadion zu feiern, in einen Streit gerieten. Die kongolesische Nationalpolizei versuchte, die Situation unter Kontrolle zu bringen, indem sie Tränengas einsetzte und Schüsse in die Luft abgab, um die Randalierer auseinanderzutreiben. Offiziellen Angaben zufolge befand sich am Ende eine Polizistin in lebensgefährlichem Zustand und 46 weitere Personen wurden verletzt, darunter eine 81-jährige Frau. In der Folge wurden dreißig Menschen zum Tode verurteilt.
Am 16. Mai 2021 wurden in fünf Dörfern des Sektors Babila Babombi 21 Menschen von der ADF getötet. Weitere 52 Menschen wurden als Geiseln genommen.
Lokalen Funktionären zufolge war die ADF auch für den Tod von mindestens 50 Menschen bei zwei nächtlichen Anschlägen am 30. Mai 2021 verantwortlich, die sich im unruhigen Osten des Landes ereigneten.
Am 27. Juni 2021, einem Sonntag, explodierte in der Stadt Beni (Provinz Nord-Kivu) eine Bombe in der Nähe einer katholischen Kirche. Dabei wurden Menschen verletzt, und es brach Panik aus.
Am 12. Juli 2021 entdeckten Mitarbeiter des Roten Kreuzes in mehreren Dörfern im Sektor Walese Vonkutu (Territorium Irumu) die Leichen von 18 Zivilisten, darunter drei Frauen und zwei Kinder. Die Opfer waren größtenteils enthauptet worden und wurden Berichten zufolge von ADF-Rebellen getötet, die in der Gegend aktiv sind.
Schätzungen aus dem Jahr 2021 zufolge wurden im Osten der DR Kongo mindestens 7.500 Menschen entführt. Am 8. Juli 2021 wurde Schwester Francine, eine katholische Ordensfrau, in Goma entführt; sie kam eine Woche später wieder frei. Die kongolesische Bischofskonferenz hatte bereits im April eine Erklärung veröffentlicht, in der sie die Regierung aufforderte, dringend Maßnahmen zu ergreifen.
Im Berichtszeitraum waren viele Kirchen das Ziel von Vandalismus. Allein zwischen April und Juli 2021 waren fast zehn Kirchen von Anschlägen und Vandalismus betroffen, besonders in der Provinz Kasaï. Premierminister Jean-Michel Sama Lukonde erklärte: „Die Regierung der Republik verurteilt die Taten der Schändung, der Gewalt und des Vandalismus gegen die katholische Kirche, die in Kinshasa und Mbuji Mayi beobachtet wurden, aufs Schärfste. Vandalismus und Gewalt haben im heutigen Kongo keinen Platz.”
Am 1. August 2021 verwüstete eine Gruppe Jugendlicher in Kinshasa den Sitz der Erzdiözese sowie das Haus von Kardinal Fridolin Ambongo.
Am 2. August 2021 wurden 14 Menschen, die in der Nähe des Dorfes Idohu (Provinz Ituri) Holz fällten, von mutmaßlichen ADF-Kämpfern entführt, gefesselt und schließlich hingerichtet. Ihre Leichen wurden „in einer Reihe quer über die Straße“ abgelegt.
Am 4. August 2021 forderte die katholischen Bischöfe des Landes ein Ende der Angriffe auf „Pfarreien, Mariengrotten, Altäre und Heiligtümer“ in der Diözese Mbujimayi. In einer Erklärung der Bischofskonferenz hieß es, die Konferenz verurteile „diese nicht hinnehmbaren Gewalttaten, die einen schweren Angriff auf die Religions- und Meinungsfreiheit, aber auch eine Verletzung der Demokratie darstellen, aufs Schärfste.“
Am 22. August 2021 wurde die katholische Kirche St. Paul in Kamende von Unbekannten geplündert. Sie verbrannten eine Bibel und entwendeten zahlreiche Gegenstände.
Am 27. August 2021 wurden nach Angaben der Vereinten Nationen in Kalunguta (Territorium Beni) mindestens 19 Zivilisten von mutmaßlichen ADF-Kämpfern getötet und weitere entführt.
Am 6. September 2021 töteten mutmaßliche ADF-Kämpfer, die „mit Macheten, Stöcken und Knüppeln bewaffnet waren, mindestens 30 Dorfbewohner im Osten der Demokratischen Republik Kongo.“
Am 21. Oktober 2021 überfielen mutmaßliche ADF-Kämpfer von Kalembo aus mehrere Dörfer und töteten dabei in drei Dörfern mindestens 16 Zivilisten.
Am 23. Oktober 2021 wurden der Pastor einer Baptistenkirche und ein katholischer Geistlicher in Kisharu von Unbekannten verschleppt.
Am 21. November 2021 überfiel eine bewaffnete Gruppe ein Lager für Binnenvertriebene in Drodro. Dabei wurden 44 Menschen getötet und über 1.200 Unterkünfte zerstört.
Am 30. November 2021 wurden im Lager für Binnenvertriebene in Ndjala (Provinz Ituri) 26 Menschen von einer bewaffneten Gruppe getötet. Nach Angaben des UNHCR-Sprechers Boris Cheshirkov waren „zehn Frauen und neun Kinder unter den Toten, und elf Menschen wurden verwundet. Die Angreifer verwendeten Gewehre, Macheten und Messer.“
Vom 10. auf den 11. November 2021 überfiel die ADF das Dorf Ndalya. Die Kämpfer töteten einen Menschen, verletzten zwei weitere und steckten 24 Häuser in Brand.
Zu Beginn des Jahres 2021 nahm die größtenteils aus ethnischen Tutsi bestehende Rebellengruppe Mouvement du 23 Mars (M23; Bewegung des 23. März) die Angriffe auf militärische und zivile Ziele im Osten der DR Kongo wieder auf. Die Gruppe begründete dies mit ihrer Frustration über „das Versagen der Regierung, Vereinbarungen hinsichtlich der Rehabilitierung ehemaliger Rebellen einzuhalten.“ Am 4. November 2021 rief Präsident Félix Tshisekedi junge Menschen zur Bildung von „Bürgerwehren“ auf, um auf Aktivitäten der M23-Rebellen zu reagieren.
Am Weihnachtstag, den 25. Dezember 2021, explodierte eine Bombe in der Stadt Beni. Dabei kamen mindestens sechs Menschen ums Leben.
Am 15. Januar 2022 wurde in Kokonyangi eine Gruppe der katholischen Charismatischen Erneuerung von Milizionären der Coopérative pour le développement du Congo (CODECO; Kooperative für die Entwicklung des Kongo) und der Force patriotique et intégrationniste du Congo (FPIC; Patriotische und integrationistische Kraft des Kongo) angegriffen. Mindestens elf Menschen wurden getötet.
Am 24. Januar 2022 wurden drei Mitarbeiter der christlichen Hilfsorganisation Tearfund in Malinde entführt.
Am 2. Februar 2022 wurde Pater Richard Masivi in einer katholischen Kirche in dem Dorf Vusesa von Mitgliedern einer nicht näher identifizierten bewaffneten Gruppe getötet.
Ebenfalls am 2. Februar wurden während eines Überfalls der CODECO-Miliz auf das Lager Plaine Savo in Djugu (Provinz Ituri) mindestens 60 Binnenflüchtlinge getötet. Die Angreifer setzten Macheten und weitere Waffen ein.
Am 31. Mai 2022 bekannte sich der Islamische Staat zu einem Angriff (der vermutlich von Mitgliedern der ADF verübt wurde, die dem IS 2019 die Treue geschworen hat), bei dem fast 20 Christen getötet wurden. Berichten zufolge stürmten die Kämpfer nach Einbruch der Dunkelheit das Dorf Bulongo in der Provinz Nord-Kivu, „plünderten Häuser, ermordeten dabei die Bewohner, die ihren Weg kreuzten, und setzten sechs Fahrzeuge in Brand.“
Am 22. Juni 2022 wurden in der Nähe des Dorfes Makisabo (Territorium Beni) mehr als zehn Christen getötet, als die islamistische Extremistengruppe ADF drei Fahrzeuge aus einem Hinterhalt überfiel. Berichten zufolge „blockierten die Kämpfer die Straße, erschossen alle Insassen und setzten die Fahrzeuge in Brand.“ Ein örtlicher Bischof erklärte: „Wir wissen, dass die Kriegssituation im Kongo komplex ist, aber wir können die Tatsache nicht übergehen, dass die Rebellengruppen es auf Christen abgesehen haben. Wir haben Beweise dafür, dass die Mörder Verbindungen zum Islamischen Staat haben, und Überlebende haben uns berichtet, dass sie aufgefordert wurden, die Schahāda zu rezitieren, wenn sie am Leben bleiben wollten. Es gibt Pastoren, die getötet wurden, weil sie sich weigerten, Christus zu verleugnen und islamisiert zu werden. Wir bitten um Gebete und Unterstützung, damit wir uns um Millionen von Flüchtlingen, Witwen und Waisen kümmern können.“
Vom 2. bis 5. Juli 2022 sollte Papst Franziskus der DR Kongo einen Besuch abstatten. Am 13. Juni war der Pontifex jedoch gezwungen, die Apostolische Reise aufgrund von Knieproblemen zu verschieben. „Wir bitten alle, hoffnungsvoll zu bleiben – trotz der Unannehmlichkeiten, die die Verschiebung des Papstbesuchs mit sich bringt – und Geduld zu bewahren und im Gebet auszuharren“, so der Papst.
Am 25. Juni 2022 teilte der Generalsekretär der kongolesischen Bischofskonferenz (CENCO), Monsignore Donatien Nshole, dass „der Heilige Vater – um die große Achtung, die er für unser Land empfindet, zu zeigen – beschlossen hat, Kardinal Pietro Parolin, Staatssekretär der Vatikanstadt, nach Kinshasa zu schicken, um am Sonntag, den 3. Juli 2022, mit uns zu beten.“ Darüber hinaus versicherte Monsignore Nshole, dass die Reise von Kardinal Pietro Parolin in die DR Kongo nicht den Besuch von Papst Franziskus ersetzen solle, der „lediglich verschoben [wurde] und für den neue Termine erwartet werden.“
Am 2. Juli 2022 trafen sich Kardinal Pietro Parolin und Vertreter der CENCO mit dem kongolesischen Premierminister Jean-Michel Sama Lukond und weiteren Staatsbeamten, um Vereinbarungen zu unterzeichnen, in denen die rechtliche Stellung der Kirche in Bereichen wie Gesundheit, Finanzen, Seelsorge und soziales Engagement definiert wird. Das diesen Vereinbarungen zugrunde liegende Rahmenabkommen (das sogenannte Marco- Abkommen) war 2019 verabschiedet worden und 2020 in Kraft getreten, jedoch nie vollständig umgesetzt worden.
Am 23. Juli 2022 töteten mutmaßliche ADF-Extremisten Rev. Joel Tibasima Bamaraki und zwei Kirchenälteste bei einem Angriff auf das Dorf Kabasungora im Sektor Bahema-Boga. Am 24. Juli soll die gleiche Gruppierung im Dorf Kayera im Sektor Bahema-Mitego mindestens sieben Christen getötet und zwei Kirchen in Brand gesetzt haben. Einer der örtlichen Kirchenführer erklärte: „Jetzt kommt es noch schlimmer, denn sie haben es auf die Kirchenführer abgesehen. Wir sind überfordert. Was können wir tun? Dieses Massaker […] ist eines zu viel und wir wissen nicht, was wir tun sollen... Beten Sie also weiter für uns. Möge Gott uns bei allen Schwierigkeiten, die immer größer werden, Kraft geben, damit wir standhaft bleiben.“
Nach Angriffen auf UN-Stützpunkte in Goma und weiteren Städten in Nord-Kivu am 25. Juli 2022, bei denen mindestens 15 Menschen ums Leben kamen, nahmen die Spannungen zwischen der lokalen Bevölkerung und den Blauhelmen der Friedensmission in der DR Kongo (MONUSCO) weiter zu. Die Demonstranten warfen der MONUSCO vor, die von bewaffneten Gruppen entfachten Unruhen im Osten des Landes nicht verhindert zu haben.
Ein UN-Bericht vom 4. August 2022 enthüllte, dass es Beweise dafür gebe, dass die Rebellengruppe M23 im Osten der DR Kongo von ruandischen Truppen militärisch unterstützt worden sei. Durch das Wiederauftauchen der M23 hätten sich Spannungen in der Region verschärft, und die tödlichen Proteste gegen die UN-Friedensmission seien weiter angefacht worden, hieß es. Die Zivilbevölkerung wirft den Friedenstruppen vor, sie nicht ausreichend zu schützen.
Am 9. August 2022 traf US-Außenminister Antony Blinken im Zuge seiner Reise in drei afrikanische Länder in Kinshasa ein. Der Besuch wurde zum Anlass genommen, um die Beziehungen zwischen den USA und der DR Kongo zu bekräftigen. Darüber hinaus sollte erörtert werden, wie die beiden Länder im Hinblick auf die Förderung von Umweltschutz und Menschenrechten effektiver zusammenarbeiten können; auch Fragen der Religionsfreiheit standen auf dem Programm.
Am 19. Oktober 2022 kam Schwester Marie-Sylvie Kavuke Vakatsuraki von den Kleinen Schwestern der Darstellung Unserer Lieben Frau im Tempel bei einem Anschlag ums Leben, zu dem sich die ADF bekannte. Pater Marcelo Oliveira, Leiter der Comboni-Missionare, sagte dazu: „Die ADF-Rebellen haben das Dorf, genauer gesagt das Krankenhaus, überfallen. Sie haben alles geplündert, was sie finden konnten, Medikamente mitgenommen und zu guter Letzt das Gebäude in Brand gesetzt. Eine Ordensschwester, die auch Ärztin war und Nachtdienst hatte, verbrannte bei lebendigem Leibe, ebenso wie ein Patient.“
Am 20. Oktober 2022 startete die M23 in Rutshuru eine Offensive gegen die kongolesische Armee und verbreitete Panik in Nord-Kivu. Laut Schätzungen der Vereinten Nationen flohen zwischen dem 20. Oktober und dem 1. November über 50.000 Menschen. Am 31. Oktober forderte UN-Generalsekretär António Guterres die sofortige Einstellung der Kämpfe und den Rückzug der M23 aus den besetzten Gebieten. Staatspräsident Tshisekedi beschuldigte Ruanda, die Rebellen zu unterstützen und erklärte, das Nachbarland habe es in seiner Gier nach den Bodenschätzen der DR Kongo darauf abgesehen, „den Osten des Kongo destabilisieren, um eine gesetzlose Zone zu schaffen und seine kriminellen Gelüste zu befriedigen.“ Ruanda wies diese Anschuldigungen zurück. Am 31. Dezember forderte die Europäische Union Ruanda auf, „die Unterstützung der Rebellengruppe M23“ einzustellen.
Infolge des Terroranschlags im Krankenhaus einer katholischen Mission, bei dem Patienten und eine Mitarbeiterin getötet wurden, prangerte Papst Franziskus am 26. Oktober 2022 das „Grauen“ an, das die DR Kongo weiterhin „blutig“ mache. Bei einer Generalaudienz sagte er: „Beten wir für die Opfer und ihre Familien, aber auch für die christliche Gemeinschaft und die Bewohner dieser Region, die schon viel zu lange von der Gewalt ausgelaugt werden.“
Im November 2022 kam die katholische Bischofskonferenz der DR Kongo zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen. In diesem Rahmen unterzeichneten 42 Erzbischöfe, Bischöfe und Diözesanadministratoren eine Erklärung, in der sie vor dem möglichen Auseinanderbrechen des Landes warnten. Als Beweise dafür führten sie Folgendes an: zahlreiche Regionen, in denen die Gewalt erneut aufgeflammt sei; das Wiedererstarken militanter Gruppen wie der M23; Gewalt zwischen einzelnen Gemeinden und Tote wegen Landstreitigkeiten im Westen des Landes, wo die ethnische Gruppe der Teke gegen die Nicht-Teke kämpfe; sowie den illegalen Verkauf von Land an Ausländer im Zentralkongo, der zur Vertreibung von tausenden Menschen geführt habe. Die Kirchenoberhäupter warnten davor, dass die wachsende Unsicherheit das Land zu spalten drohe und erklärten: „Die Stunde ist ernst. Unser Land ist in Gefahr.“ Außerdem wiesen die Bischöfe auf die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft hin, einschließlich der multinationalen Unternehmen, die sich mit denjenigen verbündeten, die eine Form des „militärischen Profitmachens“ entwickelt hätten: „Die internationale Gemeinschaft, die ein doppeltes Spiel treibt und sich unbeständig verhält, trägt eine schwere Verantwortung im Hinblick auf ihre Nachgiebigkeit gegenüber den multinationalen Unternehmen und den Ländern, die unsere Bodenschätze ausbeuten. Von welcher Art von Friedenssicherung sprechen wir, wenn die Zahl der Todesopfer immer weiter steigt?”
Am 1. Dezember 2022 beschuldigten die Streitkräfte der DR Kongo die Rebellengruppe M23, für den Tod von 50 Zivilisten in der Stadt Kishishe im Osten des Landes verantwortlich zu sein. In einer Erklärung der UN-Friedensmission dazu hieß es: „Diese Anschuldigungen könnten, sofern sie sich bestätigen, als Verbrechen nach dem humanitären Völkerrecht gewertet werden.“
Am 4. Dezember 2022 gingen „Zehntausende von Christen in der gesamten Demokratischen Republik Kongo auf die Straße“ und folgten damit einem Aufruf der katholischen Bischofskonferenz, gegen die Gewalt der M23 in den östlichen Regionen zu protestieren. Darüber hinaus warfen die Kirchenoberhäupter der internationalen Gemeinschaft „Heuchelei in Bezug auf die angebliche Rolle Ruandas bei den Kämpfen" vor.
Perspektiven für die Religionsfreiheit
Die Demokratische Republik Kongo ist viermal so groß wie Frankreich und verfügt über immense Bodenschätze, darunter Gold, Diamanten, Kobalt und Coltan. Trotzdem sind große Teile der Bevölkerung mittellos. Unsicherheit prägte früher vor allem den Norden, doch mittlerweile hat sich die Gewalt im ganzen Land ausgebreitet. Heute sind mehrere Regionen der DR Kongo Schauplätze bewaffneter Konflikte, an denen eine ständig wachsende Zahl von Rebellengruppen (einschließlich islamistischer Terrormilizen) beteiligt ist. Die Zahl der bewaffneten Gruppen ist von einigen Dutzend im Jahr 2006 – dem Jahr, in dem die UN-Truppen entsandt wurden – auf derzeit etwa 120 gestiegen. Immer häufiger nehmen die Extremisten religiöse Stätten ins Visier.
Insgesamt gestaltet sich die Situation komplex: Politische, wirtschaftliche, ethnische und religiöse Aspekte spielen eine Rolle, ebenso wie Terrorismus und Verbrechen nach dem humanitären Völkerrecht. Sehr umstritten ist in diesem Zusammenhang die von den Vereinten Nationen vorgebrachte Anschuldigung vom 4. August 2022, dass Ruanda mit der Rebellengruppe M23 gemeinsame Sache mache.
Die katholische Kirche hat immer wieder offen Kritik geübt und entschieden einen Wandel auf nationaler und internationaler Ebene gefordert. So lenkten die Bischöfe beispielsweise im April 2021 in einem Kommuniqué die Aufmerksamkeit darauf, dass die Aggressoren „die Schwächen der Streitkräfte ausnutzen, um ihre politischen und religiösen Ziele zu erreichen“, darunter „die Besetzung des Landes, die illegale Ausbeutung von Bodenschätzen, willkürliche Selbstbereicherung und die Islamisierung der Region ohne Rücksicht auf die Religionsfreiheit.“
Insgesamt sind die Perspektiven für die Religionsfreiheit im Land weiterhin negativ.