Die Union der Komoren verabschiedete am 6. August 2018 eine neue Verfassung, die sich mit ihren rechtlichen Rahmenbedingungen direkt auf die Religionsfreiheit im Land auswirkte. In der Verfassung von 2001 wurde der Islam noch lediglich als Quelle „der Grundsätze und Regeln, die für die Union gelten“ anerkannt, während die neue Verfassung den Islam zur Staatsreligion erhebt (Artikel 97). Laut Präambel der Verfassung begründet der sunnitische Islam die nationale Identität. Die Rechte nicht-sunnitischer Minderheiten, beispielsweise der Schiiten, werden damit erheblich eingeschränkt. Der komorische Verfassungsexperte Mohamed Rafsandjani ist der Ansicht, dass mit der neuen Verfassung „nicht-sunnitische Bürger kein Teil der nationalen Gemeinschaft mehr sind“.
Der Komoren-Archipel ist ein föderaler Inselstaat. Auch wenn die örtlichen Regierungen der einzelnen Inseln eine gewisse Autonomie haben, übt die Zentralregierung der Komoren eine strikte Kontrolle in allen Religionsangelegenheiten aus. Um Imame und Priester besser kontrollieren zu können, arbeitet das Innenministerium seit 2018 mit dem Muftiat (Mufti-Nationalrat) zusammen. Gemeinsam mit dem Muftiat hat das Ministerium einen „Berufsausweis“ zur Bescheinigung akademischer und religiöser Kompetenzen eingeführt. Diese Maßnahme richtet sich nach Angaben des Innenministeriums vor allem gegen religiösen Radikalismus. Der komorische Präsident ist befugt, das geistliche Oberhaupt der komorischen Muslime, den Großmufti, zu ernennen. Als Regierungsbeamter ist der Großmufti für religiöse Angelegenheiten und die geistliche Verwaltung zuständig. Sämtliche Formen der Missionierung oder der religiösen Propaganda, die nicht im Namen des sunnitischen Islams erfolgen, sind auf den Komoren untersagt. Ausländer, die an entsprechenden Aktivitäten beteiligt sind, droht die Ausweisung. Die Katholiken, die weniger als 0,5 % der Bevölkerung ausmachen, haben keine eigene Diözese.
Im öffentlichen Bildungssystem ist kein Religionsunterricht vorgeschrieben, doch der Arabischunterricht an den öffentlichen Grundschulen erfolgt mithilfe des Korans. Darüber hinaus werden Koranschulen von der Regierung finanziell unterstützt. Staatsbürger, die zum Christentum konvertieren, werden kontinuierlich unter Druck gesetzt und eingeschüchtert. Christen aus dem Ausland sind davon nicht betroffen, dennoch ist der Druck, sich an streng muslimische Regeln und Bräuche zu halten, überall spürbar.
Die von Präsident Azali Assoumani 2018 durchgeführte Verfassungsänderung wirkt sich auch auf das politische Leben des Landes und die Machtverteilung unter den einzelnen Inseln aus. Vor Einführung der neuen Verfassung stellten die Inseln den Präsidenten der Komoren abwechselnd alle fünf Jahre in einem rotierenden System. Dies ist nun ebenso abgeschafft wie das Amt des Vizepräsidenten. All das führte zu einer Erweiterung der Befugnisse des Präsidenten und des Verfassungsgerichts. Die Verfassungsreformen trafen auf erheblichen Widerstand im Land.
2019 verhängte das staatliche Islamic Affairs Directorate (Direktorat für Islamangelegenheiten) ein Verbot für christliche Feste. Das vom Direktorat vorgeschlagene einwöchige Verbot, das am 24. Dezember 2019 in Kraft treten sollte, wurde damit begründet, dass die Regierung „alle Feierlichkeiten und Aktivitäten in Verbindung mit dem Weihnachtsfest an öffentlichen Orten, in Hotels, Clubs und in Privathaushalten verurteilte und untersagte“. Ersucht wurden dabei „alle Sicherheits- und Polizeibehörden (...), sämtliche erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, um christliche Zusammenkünfte zu unterbinden“. Die Anordnung des Direktorats stieß vor allem aus dem Ausland auf massive Kritik. Ein Tag nach Bekanntgabe des Verbots distanzierte sich die komorische Regierung öffentlich davon, da es angeblich nicht die von ihr vertretene Position wiedergebe. Die im Anschluss an Heiligabend und Weihnachten abgehaltenen Heiligen Messen wurden ohne Vorkommnisse gefeiert.
Obwohl Weihnachten nicht verboten wurde, können religiöse Minderheiten weiterhin ihren Glauben nicht frei ausüben. Deshalb hat sich die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika am 28. Dezember 2019 dazu entschlossen, die Komoren weiterhin auf ihrer Special Watch List für „Regierungen, die an ernsthaften Verletzungen der Religionsfreiheit beteiligt sind oder die diese tolerieren,“ zu führen.
In den letzten beiden Jahren wird das Land zunehmend von einer politischen und sozialen Instabilität geprägt. Am 24. März 2019 fand die erste Präsidentschaftswahl nach den im Jahr zuvor verabschiedeten Verfassungsänderungen statt. Dabei wurde der amtierende Präsident Azali Assoumani wiedergewählt. Die Opposition lehnte das Wahlergebnis mit dem Hinweis auf Unregelmäßigkeiten ab. Die Regierung wies diese Behauptung zurück. Im Anschluss an die Präsidentschaftswahl fanden soziale Unruhen und landesweite Proteste statt. Dabei kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften, die drei politischen Gegnern das Leben kostete und etliche Verletzte forderte.
Aufgrund der im Anschluss an die Wahl anhaltenden Bürgerunruhen haben einige Regierungen weltweit ihre Reisempfehlungen für die Komoren aktualisiert und fordern ihre Staatsbürger dazu auf, bei Reisen äußerste Vorsicht walten zu lassen oder diese zu überdenken. Anfang 2020 erzielte die Partei des Präsidenten, die Convention for the Renewal of the Comoros (CRC), einen Erdrutschsieg bei den Parlamentswahlen. Der Grund dafür war ein Wahlboykott der Opposition mit der Begründung, dass „freie, transparente und demokratische“ Wahlen nicht garantiert sind“. Während die Wahlbeteiligung von der Wahlkommission auf rund 61,5 % geschätzt wurde, gingen laut Opposition nur maximal 10 % der Bürger an die Urnen.
Als sich 2020 während des Ramadan Menschen vor Moscheen versammelten und damit den von der Regierung verhängten Lockdown zur Eindämmung der Coronapandemie nicht einhielten, setzten die Sicherheitskräfte Tränengas ein.
Die Freiheit zur Religionsausübung besteht auf den Komoren nur für jene sunnitische Muslime, die Anhänger der schafiitischen Rechtsschule sind. Es gibt keine Hinweise darauf, dass sich die Lage in naher Zukunft verbessert. Die jüngste Entwicklung der Rechtslage stellt ganz im Gegenteil eher eine Verschlechterung der Situation für religiöse Minderheiten wie z.B. schiitische Muslime dar. Diese Entwicklung trägt aus Sicht von Beobachtern auch bei christlichen Gemeinschaften dazu bei, dass „die Gesamtsituation wahrscheinlich noch schwieriger wird“. Einem komorischen Rechtsexperten zufolge könnten die jüngsten Änderungen an der Verfassung als rechtliche Grundlage dienen, um Diskriminierungen und Verfolgungen zu rechtfertigen. Ebenso scheint die Radikalisierung und religiöser Extremismus im Land zuzunehmen.
Soziale und politische Faktoren tragen wesentlich zur instabilen Lage auf den Komoren bei. Eine Verbesserung ist in nächster Zeit nicht in Sicht. Beobachter vertreten die Ansicht, dass die Verfassungsreform von 2018 „das Regierungssystem von Grund auf verändert hat“. Das fragile Konstrukt einer Machtteilung unter den Inseln, das bei der Gründung der Union vereinbart wurde, hat keinen Bestand mehr. Die Tatsache, dass die rotierende Präsidentschaft abgeschafft wurde und die Macht sich inzwischen auf das Amt des Präsidenten konzentriert, führt zu vermehrten Spannungen zwischen den Inseln und zu einem Anstieg der sozialen Unruhen.