Guinea-Bissau ist von großer ethnischer und religiöser Vielfalt geprägt. Gemäß Artikel 1 der Verfassung ist das Land eine „souveräne, säkulare und zentralistische Republik“. Politischen Parteien ist es laut Artikel 4, Absatz 4 untersagt, sich mit einer bestimmten Kirche, einer Religion, einem Kult oder einer Glaubenslehre zu identifizieren. Gleiches ist in Artikel 45, Absatz 3 für Gewerkschaften festgeschrieben. Die Religions- und die Gewissensfreiheit sind in der Verfassung zwar verankert, aber gemäß Artikel 30, Absatz 2 kann der Staat bei einem Notstand die Grundrechte und Freiheitsrechte der Bürger aufheben oder begrenzen. Gemäß Artikel 24 sind alle Bürger vor dem Gesetz gleich. Ebenso sind sie unabhängig von ihrer Religion mit denselben Rechten und Pflichten ausgestattet. Glaubensgemeinschaften müssen sich beim Justizministerium registrieren lassen, um Steuervergünstigungen zu erhalten.
Auch die Trennung von Kirche und Staat ist in der ehemaligen portugiesischen Kolonie in der Verfassung festgeschrieben. Den einzelnen Glaubensgemeinschaften ist es gestattet, Religionsunterricht zu erteilen und Privatschulen zu betreiben. In staatlichen Schulen findet jedoch kein Religionsunterricht statt. Trotz der instabilen politischen Lage und der großen Armut gab es in den letzten Jahrzehnten kaum religiös motivierte Konflikte.
Im Berichtszeitraum gab es keine nennenswerten Vorkommnisse im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit. Dennoch sind zunehmende Spannungen festzustellen. So kommt es immer häufiger zu illegalen Aktivitäten dschihadistischer Terrorgruppen. Am 4. September 2019 hat die Polizei mehr als 1,8 Tonnen Kokain von Al-Qaida beschlagnahmt. Ganz Westafrika leidet unter der zunehmenden Präsenz islamistischer Terrorgruppen. Aus diesem Grund veröffentlichte die Conférence Episcopale Régionale de l'Afrique de l'Ouest Francophone (Die Regionale Bischofskonferenz für das französischsprachige Westafrika), der auch die katholischen Bischöfe von Guinea-Bissau angehören, am 22. Mai 2019 einen gemeinsamen Hirtenbrief. Darin verurteilte die Konferenz die „besorgniserregende Welle der Gewalt“, der sich die Region und die Christen vor Ort ausgesetzt sehen. Sie riefen die führenden Vertreter aller Glaubensgemeinschaften auf, „gemeinsam aufzustehen und die Instrumentalisierung der Religion zu verurteilen.”
Politisch steckt das Land in einer schweren Krise, seit Präsident José Mário Vaz 2015 Premierminister Domingos Simões Pereira entließ und das Land damit spaltete. Die letzte Präsidentschaftswahl fand am 24. November 2019 statt. Der Bischof von Bafatá, Pedro Carlos Zilli, rief Regierung und Oppositionsgruppen zum Dialog auf. Der Bischof von Bissau, Camnate Na Bissign, erklärte, die Guinea-Bissauer hätten Anspruch auf Frieden, Stabilität und Sicherheit. Der frühere Premierminister Umaro Sissoco Embaló gewann die umstrittene Präsidentschaftswahl im zweiten Wahlgang. Ende Februar 2020 wurde er offiziell zum Präsidenten erklärt. Embaló ist Muslim und mit einer Christin verheiratet.
In Guinea-Bissau sind die soziale Gerechtigkeit und die Grundrechte in Gefahr. Dies betrifft auch die Religionsfreiheit. Die neue Regierung wird kaum in der Lage sein, das Land politisch zu stabilisieren. Nach Angaben des Büros für Drogenkontrolle und Verbrechensbekämpfung der Vereinten Nationen (UNODC) verfügt Guinea-Bissau nicht über die Ressourcen, um gegen den steigenden Terrorismus und die organisierte Kriminalität vorzugehen. Beide Probleme stellen eine immer größer werdende Bedrohung für das Land dar. Dschihadistische Terrorgruppen und kriminelle Banden nutzen die politische Unsicherheit und die Handlungsschwäche des Staates aus, um über die Landesgrenzen ein- und auszureisen. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass die im Land agierenden militanten Gruppen in der gesamten Region vernetzt sind. Ein führender Geheimdienstmitarbeiter des Landes erklärte: „Aufgrund seiner [politischen] Fragilität ist [Guinea-Bissau] ein bequemer Rückzugsort. Kriminelle können hier unbemerkt untertauchen.“ So wird das Land von dschihadistischen Terrorgruppen beispielsweise für logistische Zwecke und Finanzgeschäfte sowie von Drogenhändlern als Umschlagplatz für internationale Lieferungen genutzt. Über Einschüchterungen oder Gewalt gegen Nichtmuslime aus religiösen Gründen ist bislang nichts bekannt. Es bleibt aber abzuwarten, ob sich dies mit der zunehmenden Präsenz radikaler Islamisten ändern wird.