Gemäß Artikel 3, Absatz 1 der Verfassung des Königreichs Bhutan aus dem Jahr 2008 gehört der Buddhismus zum spirituellen Erbe des Landes. Alle religiösen Institutionen sind dafür verantwortlich, dieses spirituelle Erbe zu fördern. In Artikel 3, Absatz 3 ist die Trennung von Religion und Staat verankert. Zugleich gewährt Artikel 7, Absatz 4 jedem Bürger Bhutans das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Niemand darf zu einem anderen Glauben „gezwungen oder verleitet“ werden.
Diese beiden Grundsätze sind nur schwer miteinander vereinbar. Die Religionsfreiheit ist noch ein relativ neuer Verfassungsgrundsatz in diesem Land, das jahrhundertelang von geistlichen Oberhäuptern und monarchischen Strukturen geprägt war. Die bhutanische Wahlkommission hält weiter daran fest, dass gemäß dem Gesetz über Religiöse Organisationen von 2007, Paragraf 13, Absatz e, die „Religionen über der politischen Debatte stehen“ und dass Mönche kein Wahlrecht haben sollten.
Obwohl der Grundsatz der Religionsfreiheit in der Verfassung verankert ist, ist das Missionieren im Land praktisch nicht möglich. Nichtregierungsorganisationen wie die Alliance Defending Freedom (ADF) zeigen sich besorgt, dass die in der Verfassung gewählte Formulierung „gezwungen oder verleitet“ das Konvertieren zu einem anderen Glauben praktisch unmöglich macht. Nicht-buddhistischen religiösen Amtsträgern ist die Einreise ins Land nicht gestattet. Die Glaubensausübung ist den Anhängern nicht-buddhistischer Glaubensrichtungen nur im Privaten erlaubt. Nicht-buddhistische Glaubensgemeinschaften dürfen nicht als eigenständige juristische Person auftreten oder eigene Friedhöfe anlegen.
Glaubensgemeinschaften sind gesetzlich verpflichtet, für öffentliche religiöse Veranstaltungen eine Genehmigung einzuholen. Christliche Kirchen, die bei der zuständigen Kommission ihre Registrierung beantragt haben, warten noch auf eine Zulassung. Es gibt jedoch eine hinduistische Organisation in Bhutan, die Hindu Dharma Samudaya, die bereits Tempel errichten durfte.
Bhutan ist vom Vajrayāna-Buddhismus, einer Form des in Tibet praktizierten tantrischen Buddhismus, geprägt. Der Buddhismus und seine mehr als 12.000 Geistlichen spielen eine zentrale Rolle im öffentlichen Leben des Landes. Wie die im Folgenden aufgeführten Vorfälle zeigen, hat sich die Lage der Religionsfreiheit in den letzten zwei Jahren nicht wesentlich verändert.
Zwar liegen keine verifizierbaren Informationen über die Unterdrückung von Nicht-Buddhisten vor, aber einige Missionare berichten von negativen Erfahrungen in diesem Zusammenhang. Nach Angaben einer christlichen Hilfsorganisation sind christliche Konvertiten gesellschaftlichem Druck und Diskriminierung am Arbeitsplatz ausgesetzt. Diese Informationen wurden jedoch nicht von dritter Seite bestätigt. Pastor Tandin Wangyal, der seit 2014 im Gefängnis sitzt, bestätigte, dass Christen in einigen Regionen des Landes häufig von Behörden diskriminiert und verfolgt werden. Wenn bhutanische Christen eine religiöse Ausbildung absolvieren wollen, gehen sie ins Ausland, zum Beispiel ins Nachbarland Indien. Im Berichtszeitraum wurde nichts über gewalttätige Übergriffe im Zusammenhang mit religiöser Diskriminierung in Bhutan bekannt.
Auch Hindus sind in Bhutan Vorurteilen ausgesetzt, insbesondere die überwiegend hinduistische Volksgruppe der Lhotshampa. Sie wanderten Anfang des 20. Jahrhunderts aus Nepal in den Süden Bhutans ein. Doch in den 1990er Jahren mussten sie infolge der angestrebten „Bhutanisierung“ das Land verlassen oder sie wurden abgeschoben. Mehr als 100.000 Lhotshampa wurden staatenlos und landeten in nepalesischen Flüchtlingslagern. Seit die politischen Gespräche mit Bhutan 2003 scheiterten und Nepal eine langfristige Aufnahme der Flüchtlinge ablehnte, haben die Vereinigten Staaten, Kanada, Australien und andere Länder unter Vermittlung der Vereinten Nationen mehr als 112.800 Lhotshampa-Flüchtlinge aufgenommen. 2019 nahm Nepal die Gespräche mit Bhutan über eine Rückführung der verbliebenen 6.500 Flüchtlinge wieder auf. Im Dezember fand vor einem UN-Büro in Nepal eine Demonstration der Lhotshampa statt. Bis dahin konnten in dieser Frage noch keine Ergebnisse erzielt werden.
Bhutan ist bislang vergleichsweise glimpflich durch die Covid-19-Pandemie gekommen. Dieser Erfolg ist vor allem der schnellen Schließung der Landesgrenzen zu verdanken, nachdem am 6. März 2020 die Erkrankung eines 76-jährigen amerikanischen Touristen bestätigt worden war. Das Land kehrt inzwischen wieder zur Normalität zurück, wenn auch mit weniger ausländischen Besuchern und einem stärker regulierten Tourismus.
Im Berichtszeitraum wurden keine Verstöße gegen die Religionsfreiheit in Bhutan bekannt. Doch der Buddhismus hat in der neuen Verfassung eine klare Vorrangstellung. Eine zunehmende Diskriminierung anderer Glaubensrichtungen ist nicht auszuschließen. Zudem ist es unwahrscheinlich, dass sich die Regierung mit der Lösung des Lhotshampa-Konflikts befassen wird. Die Situation der Flüchtlinge ist zweifellos auf die faktische Diskriminierung von Nicht-Buddhisten in Bhutan zurückzuführen.