Gesetzeslage zur Religionsfreiheit und deren faktische Anwendung
Laut Artikel 9 der südafrikanischen Verfassung in ihrer Version von 1996 ist jede Form von Diskriminierung, einschliesslich der Diskriminierung aus religiösen Gründen, verboten. Nach Artikel 15 hat „jeder das Recht auf Gewissens-, Religions-, Gedanken-, Glaubens- und Meinungsfreiheit.“ Artikel 31 räumt den Mitgliedern von Religionsgemeinschaften das Recht ein, ihre Religion auszuüben und religiöse Vereinigungen zu gründen oder diesen beizutreten.Religionsunterricht an staatlichen Schulen ist erlaubt, aber nicht obligatorisch, und darf nicht nur die Sichtweisen einer einzelnen Religion widerspiegeln. Der Schulkalender berücksichtigt die Feiertage der wichtigsten Religionsgemeinschaften. Weihnachten und Karfreitag gehören zu den landesweiten Feiertagen.Die South African Human Rights Commission (Südafrikanische Menschenrechtskommission, SAHRC) ist damit betraut, den Umgang mit dem verfassungsmässigen Recht auf Religionsfreiheit zu überwachen. Gemeinsam mit den Gerichten ist die Kommission dafür zuständig, dass mutmassliche Verletzungen verfolgt werden.Religionsgemeinschaften sind nicht gesetzlich dazu verpflichtet, sich bei den Behörden registrieren zu lassen, doch können diese durch eine entsprechende Eintragung von Steuererleichterungen profitieren.Vorkommnisse
Die Commission for the Promotion and Protection of the Rights of Cultural, Religious and Linguistics Communities (Kommission für die Förderung und den Schutz der Rechte der kulturellen, religiösen und linguistischen Gemeinschaften/CRL) veröffentlichte ihren ersten Bericht im Juli 2016. In diesem wird beklagt, dass in Südafrika eine zunehmende Kommerzialisierung von religiösen Themen und Fragen stattfindet. Dem Bericht zufolge werden religiöse und traditionelle Heilungsdienste auf unrechtmässige und unethische Weise beworben, und es wird so der Glauben der Menschen missbraucht. Religionen und Glaubenssysteme werden in Afrika nicht nur durch gewalttätige Extremisten bedroht, sondern auch durch die zunehmenden Einflüsse moderner Lebensformen infrage gestellt.Die Anzahl der Angriffe auf Menschen jüdischen Glaubens ist in Südafrika relativ hoch, auch wenn ein Rückgang gegenüber dem letzten Berichtszeitraum zu verzeichnen ist.Das South African Jewish Board of Deputies (Forum Jüdischer Vertreter in Südafrika, SAJBD) registrierte von Januar bis November 2016 allein 38 antisemitische Vorfälle. So fanden z. B. Einschüchterungen und Verbalangriffe statt und wurden öffentliche Gebäude mit antisemitischen Graffiti beschmutzt. Unter anderem wurde die Aufforderung „Töte einen Juden“ auf Gebäude der Witwatersrand-Universität gesprüht. Es wird davon ausgegangen, dass die Taten in Verbindung mit der geforderten Freilassung des bekannten Antisemiten Mcebo Dlamini aus der Haft stehen. Dlamini befindet sich aufgrund verschiedener Straftaten in Untersuchungshaft. Im vorherigen Berichtszeitraum stand er bereits im Fokus der Aufmerksamkeit durch antisemitische Äusserungen im Radio und in den sozialen Medien.Im untersuchten Zeitraum fanden darüber hinaus gegen Muslime gerichtete Taten in Südafrika statt. Im September 2016 schrieben Randalierer antimuslimische Parolen auf Häuser im Wohnviertel Eersterust in der Kommune Tshwane. Dort befinden sich eine Moschee und eine grosse muslimische Gemeinde.Im April 2016 protestierten 3.000 der insgesamt 10.000 Bewohner von Valhalla in der Nähe der Hauptstadt Pretoria gegen den geplanten Bau einer Moschee. Medienberichten zufolge drohten einige Demonstranten damit, Schweine auf dem geplanten Baugrundstück zu schlachten. Andere behaupteten, dass durch den Bau der Moschee eine Brutstätte für Terroristen geschaffen werde. Einige Demonstranten trugen Schilder, auf denen die folgenden Parolen zu lesen waren: „Paris, Brüssel, Valhalla??? NEIN!“ oder „Geen IS in Valhalla“ (Afrikaans für „Kein islamischer Staat in Valhalla“).Perspektiven für die Religionsfreiheit
Es gibt wenig Grund zur Annahme, dass sich die aktuelle Situation in Südafrika in Bezug auf die Religionsfreiheit wesentlich ändern wird. Doch birgt die zunehmende Einwanderung aus Krisengebieten in Afrika, u. a. aus muslimischen Ländern wie Somalia, ein gewisses Konfliktpotenzial. Darüber hinaus wächst die Armut im Land, und die Erfahrung zeigt, dass grössere Armut häufig einer der Hauptfaktoren für religiöse Spannungen ist.Laut der Katholischen Kirche gibt es schon jetzt unter weiten Teilen der südafrikanischen Bevölkerung fremdenfeindliche Gefühle gegenüber den Einwanderern aus anderen afrikanischen Ländern. Die wirtschaftliche Lage ist allgemein für viele Menschen schwierig – nicht nur für gebürtige Südafrikaner, sondern auch für Ausländer – und Einwanderer gelten oft als Ursache für die generelle Verarmung. Die Kirche rückte bei ihrer Fastenkampagne 2018 die Themen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in den Fokus der Aufmerksamkeit. Dies geschah vor dem Hintergrund zahlreicher kirchlicher Massnahmen, die in der Vergangenheit zur Unterstützung von Einwanderern in Südafrika stattfanden.Welche Folgen der 2018 in Südafrika erfolgte Regierungswechsel hat, bleibt abzuwarten. Die katholischen Bischöfe begrüssten es, dass der bisherige südafrikanische Präsident Jacob Zuma zurückgetreten ist. Sie sicherten der neuen Regierung von Präsident Cyril Ramaphosa ihre volle Unterstützung zu. „Wir befinden uns in einem Moment in der Geschichte unserer Nation, in dem die Menschen sich entschlossen dafür einsetzen, die Richtung im Land zu ändern”, so der neu gewählte Präsident in seiner Rede zur Lage der Nation vor dem Parlament. Damit hat ein Präsident zum ersten Mal seit 1994 einen Richtungswechsel für das Land angekündigt.Die Katholische Bischofskonferenz nimmt dazu wie folgt Stellung: „Wir freuen uns ganz besonders, dass Einheit, ethische Führung und die Gleichheit aller Bürger im Vordergrund stehen; die Absicht, Armut und Jugendarbeitslosigkeit zu reduzieren, den Zugang zu Bildung für Kinder aus ärmeren Bevölkerungsschichten zu verbessern und gezielte Massnahmen zur Steigerung der Beschäftigung werden sicherlich für alle Südafrikaner Anlass zur Hoffnung geben.“„Es gibt wenig Grund zur Annahme, dass sich die aktuelle Situation in Südafrika in Bezug auf die Religionsfreiheit wesentlich ändern wird. Doch birgt die zunehmende Einwanderung aus Krisengebieten in Afrika, u. a. aus muslimischen Ländern wie Somalia, ein gewisses Konfliktpotenzial. Darüber hinaus wächst die Armut im Land, und die Erfahrung zeigt, dass grössere Armut häufig einer der Hauptfaktoren für religiöse Spannungen ist.“