Syrischer Patriarch: Trotz aller Herausforderungen war es „eine Zeit großer Gnade“

Patriarch Youssef Absi von der melkitischen griechisch-katholischen Kirche dankt ACN für die Unterstützung der Christen im Libanon und in Syrien, betont jedoch, dass ohne Gerechtigkeit für Palästina keine Stabilität im Nahen Osten erreicht werden kann.

Besuch Seiner Seligkeit Youssef Absi (Melkitischer Griechischer Patriarch von Antiochien) am Sitz von ACN International in Königstein.Philipp Ozores (Generalsekretär von ACN International) (dritter von links), Seine Seligkeit Youssef Absi (in der Mitte), Regina Lynch (Executive President von ACN International) (dritte von rechts), Marco Mencaglia (erster von rechts).
Besuch Seiner Seligkeit Youssef Absi (Melkitischer Griechischer Patriarch von Antiochien) am Sitz von ACN International in Königstein. Philipp Ozores (Generalsekretär von ACN International) (dritter von links), Seine Seligkeit Youssef Absi (in der Mitte), Regina Lynch (Executive President von ACN International) (dritte von rechts), Marco Mencaglia (erster von rechts).

Die Christen im Nahen Osten verlassen nach wie vor ihre traditionelle Heimat, obwohl ihre Kirchen sie zum Bleiben ermutigen, so das Oberhaupt der melkitischen griechisch-katholischen Kirche, Patriarch Youssef Absi.

Der Patriarch steht seit sechs Jahren an der Spitze der melkitisch-katholischen Kirche, eine Zeit, die von den Herausforderungen des Bürgerkriegs in Syrien, der Pandemie und einer erschreckenden finanziellen Krise sowohl in Syrien als auch im Libanon geprägt gewesen ist. „All dies hat zu einem langsamen Fortschritt in unserer Arbeit geführt und uns daran gehindert, unsere Projekte schneller umzusetzen.“ Trotzdem beschreibt er diese Zeit als eine „Zeit großer Gnade“.

Da die meisten seiner Gläubigen in Syrien und im Libanon leben, wird es für den melkitischen Patriarchen immer schwieriger, den Christen, insbesondere den jungen Menschen, Hoffnung zu geben. „Es hat immer Auswanderungswellen gegeben. Heutzutage spielen dafür wirtschaftliche, soziale und politische Gründe gemeinsam eine Rolle“, erklärte er gegenüber Aid to the Church in Need (ACN) bei einem Besuch am Hauptsitz des internationalen Hilfswerks in Königstein (Deutschland).

„Viele von ihnen sind verzweifelt. Sie haben kein Vertrauen mehr in ihr Land. Deshalb verlassen sie es. Wir haben anfangs viel getan, um sie im Land zu halten, aber die Lage hat sich nicht verbessert. Wir setzen immer noch alles daran, unseren Gläubigen zu helfen und sie mit den wichtigsten Dienstleistungen zu versorgen. Aber wir können die Regierungen nicht ersetzen. Es gibt kein Licht am Ende des Tunnels, wir sehen keine kurzfristige Lösung. Ohne Unterstützung können wir sie nicht länger zum Bleiben bewegen.“

Die Lage in Syrien könnte sich bessern, wenn der Westen die Sanktionen aufheben würde, die seiner Meinung nach die Zivilbevölkerung am stärksten belasten. „Ich denke, dass unsere Freunde auf die eine oder andere Weise Druck auf ihre Regierungen und manchmal sogar auf die religiösen Führer ausüben können, um in dieser Richtung zu helfen oder dafür zu sorgen, dass die Sanktionen aufgehoben werden.“ Damit unterstützt er den Appell, den anderen Kirchenführer aus dem Nahen Osten in letzter Zeit gemacht haben.

Israelisch-palästinensischer Konflikt: Die Wurzel aller Konflikte

Ein weiterer entscheidender Schritt in die richtige Richtung wäre es, wenn die internationale Gemeinschaft endlich eine Lösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt finden würde. „Die palästinensische Frage ist die Hauptursache. Das ist für uns hier ganz klar. Ohne eine Lösung für die palästinensische Situation gibt es keine Lösung für den Nahen Osten. Das bedeutet, den Palästinensern ihre Unabhängigkeit zu gewähren. Derzeit sehen wir, dass einige arabische Regierungen beginnen, ihre Beziehungen zu Israel zu normalisieren, aber das wird nicht helfen, da es weiterhin eine große Feindschaft zwischen den Völkern gibt“, betonte Patriarch Absi.

Wie jedes Jahr nahmen Tausende von Christen - sowohl Einheimische als auch Besucher aus dem Ausland - an der Palmsonntagsprozession teil. Aufgrund der Gewalt und der politischen Lage nahm nach Angaben der israelischen Polizei nur die Hälfte der Teilnehmer vom letzten Jahr teil. Angeführt wurde die Prozession vom Ltin-Patriarchen Fouad Twal mit Bischöfen und seinem Klerus. Die Prozession begann in Betphage auf dem Ölberg und endete in der St. Anna Kirche in der Altstadt von Jerusalem.
Wie jedes Jahr nahmen Tausende von Christen – sowohl Einheimische als auch Besucher aus dem Ausland – an der Palmsonntagsprozession teil. Aufgrund der Gewalt und der politischen Lage nahm nach Angaben der israelischen Polizei nur die Hälfte der Teilnehmer vom letzten Jahr teil. Angeführt wurde die Prozession vom Ltin-Patriarchen Fouad Twal mit Bischöfen und seinem Klerus. Die Prozession begann in Betphage auf dem Ölberg und endete in der St. Anna Kirche in der Altstadt von Jerusalem.

Trotz aller Schwierigkeiten müssten die Bemühungen fortgesetzt werden, fügte der Patriarch hinzu, denn die Aussicht auf einen Nahen Osten ohne Christen sei undenkbar. Patriarch Youssef Absi nannte den Libanon als Beispiel, das Land in der Region mit dem höchsten Anteil an Christen, das Johannes Paul II. als eine Mission in sich selbst beschrieb. „Der Libanon ist sehr wichtig, nicht nur für den Nahen Osten, sondern für die ganze Welt, denn die Koexistenz zwischen Muslimen und Christen ist ein Vorbild für die Welt.“

„Im Westen gibt es jetzt viele Muslime, und es gibt bereits einige Herausforderungen. Die Aufgabe des Libanon besteht also darin, zu zeigen, wie Muslime und Christen zusammenleben können. Die Anwesenheit von Christen im Nahen Osten sollte kein Problem sein. Es ist normal, dass es dort Kirchen gibt, und sie sollten dort bleiben“, sagte Patriarch Youssef Absi.

Schaffung einer sicheren christliche Zone?

Als die Christenverfolgung im Nahen Osten 2013 mit dem Aufstieg der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ ihren Höhepunkt erreichte, gab es Stimmen, die die Idee der Schaffung einer christlichen Sicherheitszone verteidigten, sei es in Form eines eigenen Landes oder einer autonomen Region, wie beispielsweise der Ninive-Ebene im Irak.

Die Mehrheit der christlichen Religionsführer hat sich jedoch gegen diese Idee ausgesprochen, und Patriarch Youssef Absi ist da keine Ausnahme. „Das wäre Selbstmord, das ist keine Lösung“, sagte er.

Seminarist Mario Freiha beim Gebet
Seminarist Mario Freiha beim Gebet

Er fügte hinzu, dass Christen und Muslime seit jeher gut zusammengelebt hätten. Die Schaffung eines ausschließlich christlichen Gebiets würde die anderen Bürger des Landes verärgern. „Sie haben das Recht, in einem großen Land zu leben. Warum sollten Sie sich dafür entscheiden, in einem kleinen Land zu leben, umgeben von Menschen, die zu Ihren Feinden geworden sind?

Dankbarkeit für die Unterstützung durch ACN

Die Lage in Syrien und im Libanon mag dramatisch sein, wie das Oberhaupt der melkitischen Kirche betont, aber ohne die Hilfe von ACN wäre sie verzweifelt.

„Wir haben festgestellt, dass ACN seine Unterstützung in den letzten zehn Jahren verdoppelt, ja sogar verdreifacht hat. Die Ergebnisse sind deutlich sichtbar, und wir danken Ihnen von ganzem Herzen, denn wir sehen, dass Sie in Syrien und im Libanon wirklich auf besondere Weise präsent sein wollen.“

„Es geht nicht nur um die finanzielle oder wirtschaftliche Hilfe, sondern auch um den Geist, mit dem Sie arbeiten, die Großzügigkeit, die Liebe, das Lächeln. Wir danken Gott, dass er uns Brüder und Schwestern von solch einer Größe geschickt hat, die engagierte Christen sind“, so der Patriarch.

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