In der weiten Ebene des Alto Apure im Südwesten Venezuelas verschmelzen die Kultur der Llanos, das andine Erbe, die indigenen Traditionen und der lebendige Austausch mit der kolumbianischen Bevölkerung. Inmitten dieser Landschaft erhebt sich der Christus der Savanne, der sich zum bedeutenden Symbol des Glaubens und der Identität für die erst 2015 gegründete Diözese Guasdualito entwickelt hat, die von Aid to the Church in Need gefördert wird.
Die Geschichte des Christus der Savanne (Cristo de la Sabana) begann in den Weiten der venezolanischen Ebenen (Llanos), einem kargen Land, das vom Staat vernachlässigt und von illegalen bewaffneten Gruppen und Gewalt heimgesucht wird, geprägt von einer hohen Analphabetenrate und Armut – eine Region, die der Welt fremd und sogar der Kirche vor der Bistumsgründung schwer zugänglich war.
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Der Überlieferung nach berichteten einige Kinder von einer geheimnisvollen Gestalt in den Dünen der Ländereien von Trinidad de Arauca: einer „wunderschönen Frau, aber mit Bart“, deren Herz durch ihr Gewand hindurch sichtbar war. Die Erzählung der Kinder erreichte den Besitzer der Ländereien, Don José Natalio Estrada Torres, der daraufhin eine Christusfigur in Italien bestellte, ohne genaue Angaben zu machen. Zur Überraschung aller traf statt des erwarteten gekreuzigten Christus eine imposante Herz- Jesu-Statue aus Carrara-Marmor ein, fast zwei Meter hoch und 900 kg schwer.
Die Statue wurde auf einem Sandhügel mit Blick auf den Fluss Arauca aufgestellt, versehen mit der Inschrift: „Herr, segne unseren Llano“. So entstand der Cristo de la Sabana, auch Cristo de la Mata genannt, „als greifbares Zeichen inmitten der endlosen Landschaft, dass Gott auch diesen Ort nicht vergessen hat“, wie der erste Bischof der Diözese Guasdualito, Pablo Modesto, erläutert.
Die Stätte verkörpert Einheit und Vielfalt im Alto Apure, denn inspiriert vom Gedicht „Píntame Angelitos Negros“ („Mal mir kleine schwarze Engel“) ließ kurz danach der Grundbesitzer vier Engel verschiedener Ethnien aus Italien anfertigen: einen weißen, einen schwarzen, einen mestizischen und einen indigenen. „Diese im Halbkreis um Christus gruppierten Engel symbolisieren den kulturellen Reichtum der Llanos und die Bedeutung der Brüderlichkeit. Dies ist besonders wichtig in dieser Region Venezuelas, wo Llaneros, Andenbewohner, Indigene und Kolumbianer zusammenleben und wo es entscheidend ist, eine Identität zu entwickeln, die Gastfreundschaft, Ehrlichkeit und Arbeit als zentrale Werte verankert“, erläutert der Bischof gegenüber dem Hilfswerk Aid to the Church in Need (ACN).
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Im Jahr 2022 begann die Tradition, am frühen Morgen des ersten Samstags der Fastenzeit zu diesem Ort zu pilgern: „Wir erkannten eine schlummernde Volksfrömmigkeit an diesem verlassenen Ort. Diese Wallfahrt bietet die Chance, die religiöse Identität in dieser Region und den Gemeinschaftssinn zu stärken“, erklärt er ACN.
Die junge Diözese Guasdualito stand anfangs vor erheblichen Herausforderungen, da sie kaum über Strukturen, sehr geringe finanzielle und personelle Ressourcen und in den ersten Jahren nur wenige Priester und Ordensleute verfügte. ACN unterstützte die Diözese seit ihrer Gründung durch verschiedene Projekte, etwa beim Bau der Kurie, eines Pastoralzentrums und durch Messstipendien für die Priester.
Bischof Pablo, ein Salesianer, sucht stets die Nähe zu den Gläubigen und lässt sich von Widrigkeiten nicht entmutigen. Während eines ACN-Projektbesuchs berichtete er von einem Erlebnis: Als kurz vor Messbeginn die Menschen plötzlich davonliefen, stellte sich heraus, dass nach monatelanger Knappheit endlich Treibstoff verfügbar war. Spontan griff Bischof Pablo zur Gitarre, ging zur Verteilerstelle und begann inmitten der Menge zu singen und Gott zu preisen. Er teilte einen Moment des Glaubens mit Hunderten von Menschen, Gläubigen und Nichtgläubigen, die in der Schlange warteten.

„Das Wichtigste ist, bei den Menschen zu sein und ihnen Gott zu bringen. Seit meinen ersten Besuchen in der Diözese betone ich die Bedeutung des einfachen Zusammenlebens und rufe dazu auf, die Liebe des Dreifaltigen Gottes in unserem Alltag widerzuspiegeln“, erklärt er. „Jesus lehrt uns, dass wir nach unseren Werken der Nächstenliebe und des Mitgefühls für die Bedürftigsten gerichtet werden. Glaube bedeutet nicht nur Last und Opfer, sondern auch Freude und Hoffnung. In einer oft hoffnungslosen Welt sind wir aufgerufen, Zeugen der Freude Gottes zu sein.“
Im Januar 2025 wurde Bischof Pablo Modesto zum Bischof von La Guaira berufen, das 900 Kilometer entfernt liegt. Der Abschied von Guasdualito fällt ihm schwer – von den Menschen, die trotz Unsicherheit, wirtschaftlicher Not und der Präsenz bewaffneter Gruppen ihre Würde bewahren. Sein Wirken hat das Leben seiner Bewohner geprägt, und der Christus der Savanne wurde zum spirituellen Zufluchtsort der Diözese. „Ich habe um eine Verlängerung meines Aufenthalts hier in Guasdualito bis zur Wallfahrt am 15. März gebeten. Diese Feier bedeutet unserem Volk sehr viel; sie erinnert uns daran, dass Gott auch an unerwarteten Orten gegenwärtig ist – im Zeugnis einer bescheidenen Gemeinschaft inmitten der weiten Ebenen”.
Von Maria Lozano.